Obwohl die Malerei des 20. Jahrhunderts generell als aperspektivisch, also uninteressiert an einer mathematischen Perspektiv-Konstruktion eingeordnet wird, finden sich einige Maler und Stilgruppen die sich weiterhin mit dem Thema der perspektivischen Darstellung des Raums im Bild auseinandersetzten. Hier sind vor allem Giorgio de Chirico, einige Maler der Surrealisten und der Neuen Sachlichkeit sowie Victor Vasarely und Maurits Escher zu nennen. Ihre Arbeiten orientierten sich jedoch nicht mehr an naturwissenschaftlichen Vorgaben bzw. einer rationalen Weltsicht, sondern verfolgten individualistische, subjektivierte Wirklichkeitskonstruktionen.
In den 1920er Jahren wandte sich Alexander Rodtschenko vehement gegen einen konventionellen Blickpunkt in der Photographie, den er wiederholt als „Bauchnabelperspektive“ bezeichnet hatte. Stattdessen forderte er Aufnahmen, die sich durch extreme Perspektiven von oben, von unten oder mit gekipptem Horizont auszeichneten. Diese damals revolutionären Neuerungen haben sich wirksam durchgesetzt und sind bis heute – bis hinein in die Amateurphotographie – im Einsatz, so dass sich die revolutionären Forderungen von damals erfüllt haben.
Der Aufsatz verfolgt die Frage nach der sogenannten "Zerschlagung" der Zentralperspektive im 20. Jahrhundert. Mit dem Kubismus – entwickelt durch Pablo Picasso und Georges Braque – vollzog sich ein tiefer Einschnitt in der europäischen Kunst. Alle bis dahin geltenden Abbildungskonventionen wurden plötzlich radikal erschüttert, an ihre Stelle trat eine neuartige Multiperspektivität, die auch Zeit und Bewegung erfasste – etwas bei Carlo Carrà – oder dadaistisch verfremdet war – etwa bei Hannah Höch.