Kurt Schwitters’ Merzbau, which took shape in Hannover, Germany, between 1923 and 1936, is one of the most problematical artworks of the 20th century. This dissertation examines numerous original sources relating to the Hannover Merzbau and its successors in Norway and England and concludes that the Merzbauten were, in effect, all works of exile. The Hannover Merzbau and its lesser-known successors in Norway and England present an unusual challenge to art historians because so little remains of them. The first was destroyed in 1943, nothing survives of the second, constructed in Oslo, and the last, in Elterwater, England, was never completed. Despite the painstaking investigations of Werner Schmalenbach, Dietmar Elger and John Elderfield between the 1960s and 1980s, the Hannover Merzbau in particular has amassed so many myths and legends since Schwitters’ death in 1948 that the reception of the work may be said to have established a dynamic of its own. The combination of the lack of originals and a plethora of misunderstandings about the evolution of the Merzbauten has meant that these sculptural interiors are frequently misconstrued as essentially ludicrous, macabre or regressive works that are hardly to be taken seriously within the framework of the 20th century avant-garde. The main aim of this dissertation is to relocate the Merzbauten in their historical context by building on the often forgotten work of early researchers. It includes an examination and assessment of a selection of scholarly studies, a review of the evidence that draws on new archival discoveries, critical analyses of key sources such as Schwitters’ few published statements on his constructions, his personal correspondence and the visual material, and a revised chronology that not only calls into question many of the numerous anecdotes, legends surrounding the Merzbauten, but also most of the accepted art-historical theories. The concluding chapter examines various aspects of the complex interweaving of the public and private facets of the Merzbauten and suggests ways in which the revised chronology can alter our understanding of these works and in addition, redefine them as works of exile. (It should be noted that since this was written, the interior of Schwitters’ hut on Hjertøya has been transferred to the Romsdal Museum on the mainland.)
Ein Grundmuster mit Variationen zieht sich als roter Faden durch die antike Mythologie, Märchen und Kunst: die von Natur aus Schöne, deren wahre Schönheit sich in der Tugend gepaart mit Weisheit sowie in der Reinheit der Seele zeigt, verwandelt durch die Liebe den äußerlich abstoßenden Partner in das Ebenbild des Schönen. Sehr oft ist dabei aber die Verführung nur ein Mittel zum Zweck. Ein unerschöpfliches Thema in Zusammenhang mit dem Schönen und dem Hässlichen ist der hohe Stellenwert der Erotik, die zu vielerlei Konflikten führt, und von der Antike an durch das Kunstschaffen der Jahrhunderte zu Darstellungen beflügelt. "La Belle et la Bête" – ein Thema für die Ewigkeit!
Thema der Arbeit ist die Analyse eines unumstritten von der Hand Vermeers stammenden, um 1660 gemalten, heute im Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig hängenden Gemäldes, das dort als "Mädchen mit dem Weinglas" bezeichnet wird. Wie so viele andere Bilder mutierte auch dieses im Zuge des emblematic turn der Kunstgeschichte zu einem Medium moralischer Warnung. Die Hauptperson wurde zu einer von zwei Dandys besuchten „Dame von zweifelhaftem Ruf“, während allen Dreien eine in der Glasmalerei des Fensters versteckte temperantia ihren Maßhalteappell zurief. Die malerischen Eigenschaften des Bildes interessierten bestenfalls am Rande. Im Gegensatz dazu geht die vorliegende Untersuchung von der visuellen Analyse des Gemäldes aus. Sie arbeitet die bildimmanente Bewegung heraus, die dem Strom des Lichtes folgend von links oben in die diagonal gegenüber liegende Bildhälfte führt, um dort aufgefangen und in die Faltenlandschaft des roten Satin transformiert zu werden. Diese Bewegung verläuft nicht geradlinig und ruhig, sondern über Barrieren und Sprünge hinweg, nicht im gleichmäßigen Fließen, eher in Kaskaden und Wirbeln. Kunstvoll verknüpft Vermeer die Bildelemente in einer dynamischen coniunctio oppositorum, die ebensosehr Verbindungen wie zugleich Spannung, Sperren und Brüche zwischen den Elementen formuliert. In einem zweiten Schritt wird die Szene im Kontext der gesellschaftlichen Schicht und der sozialen Normen der dargestellten Personen interpretiert. Das Ergebnis ist, dass wir hier eine ganz normale Werbungsszene vor uns haben, deren revolutionärer Zug allerdings darin besteht, dass die Umworbene den üblichen Gang der Ereignisse unterbricht, indem sie sich lachend aus dem Bild wendet. Vermeer billigt der noch sehr jungen Frau visuell und szenisch eine Kraft und Handlungsfähigkeit zu, an die seine späteren Konstruktionen von autonomer Weiblichkeit anknüpfen werden. Es zeigt sich, dass die formalen und inhaltlichen Elemente des Gemäldes aufs engste aufeinander bezogen sind. Die beiden Leitthemen sind - verkürzt gesagt - Verbindung und Unterbrechung sowohl auf rein visueller wie auf szenischer Ebene. Von Moralpredigt findet sich keine Spur, eher umgekehrt ein Plädoyer für die Eroberung eines Möglichkeitsraumes weiblichen Verhaltens jenseits der durch die Konvention gesetzten Grenzen - in Parallele gesetzt zu einem Möglichkeitsraum des beweglich strömenden Lichts. Vermeer zwingt den Betrachter zu aktiver Teilnahme am Bildgeschehen, indem er - ihn fesselnd durch die Licht-Ereignisse - ihn zugleich dazu zwingt, nachzusinnen über die möglichen Ursachen und Konsequenzen der Unterbrechung der Szene durch die junge Frau (oder den Betrachter selbst?). Dabei zeigt sich Vermeer auch von seiner weniger bekannten Seite als warmzherzig-humorvoller Beobachter aufs Sorgfältigste konstruierter visueller Phänomene und menschlicher Verhaltensweisen. Mit einem Hauch von Ironie spielt er mit emblematischen Bezügen, die freilich im Bildzusammenhang nur eine Randrolle einnehmen. Der Text ist die schriftliche, mit Anmerkungen und Belegen versehene Fassung eines Vortrages aus dem Jahre 2007, erschienen 2010 in dem von Victoria von Flemming und Alma-Elisa Kittner herausgegebenen Sammelband "Barock - modern?", Salon-Verlag, Köln.
Der Bau des Dresdener Stall- und Rüstkammergebäudes, von Kurfürst Christian I. (1560-91) unmittelbar nach seinem Regierungsantritt 1586 in Angriff genommen, stellt ein Prestigeobjekt ersten Ranges dar. Mit enormem finanziellem Aufwand wurde ein separates Sammlungsgebäude für die hochpreisigen Leibpferde des Kurfürsten als auch für die ob ihrer Qualität und Fülle beeindruckenden Rüstkammersammlung eingerichtet. Dabei handelte es sich um zwei sich gegenseitig ergänzende Sammlungen im Dienste der fürstlichen Repräsentation, die zahlreichen Besuchern bereitwillig gezeigt wurden. Zwei als Schauappartements eingerichtete Räume, durch die der Besucher geleitet wurde, zeugten augenscheinlich von der wirtschaftlichen und kulturellen Prosperität des Kurfürstentumes, der beeindruckenden Genealogie des Fürstenhauses und der angesehenen Position unter den anderen Fürsten. Mit diesem Bau positioniert sich die sächsische Residenz als eine der herausragenden im Reichsgebiet, die gleich dem Kaiserhof und anderen wichtigen Höfen Sammlungen als symbolisches Kapital nutzt und damit eine innovative Facette frühneuzeitlicher Politik deutlich werden lässt.
[... anlässlich der Ausstellung "Turner - Hugo - Moreau. Entdeckung der Abstraktion", Schirn-Kunsthalle Frankfurt, 6. Oktober 2007 - 6. Januar 2008]
Der Beitrag zeigt den didaktischen Mehrwert auf, der durch den Einsatz digitaler Medien in der architekturgeschichtlichen Lehre gegenüber herkömmlichen Präsentationsformen erreicht werden kann. Anhand von Fallbeispielen werden verschiedene Formen der digitalen Simulation architektonischer Räume vorgeführt und deren Einbindungsmöglichkeiten in Vortrags- und Lehrsituationen erläutert. Abschließend wird darauf verwiesen, welche Konsequenzen diese Entwicklungen hinsichtlich wissenschaftlicher Fragestellungen im architekturhistorischen Diskurs mit sich bringen. Grundriss, Aufriss, Schnitt und Axonometrie haben sich in der Neuzeit nicht nur als Kanon der Architekturdarstellung im Entwurfsprozess herausgebildet, sondern sind neben der fotografischen Erfassung eines Gebäudes gleichermaßen auch die Grundlage für die Dokumentation und Analyse historischer Bauwerke. In der kunsthistorischen Forschung und Lehre bilden sie daher die traditionellen bildlichen Schemata für die Darstellung historischer Bauten in Publikationen und Vorträgen. Sie entsprechen in ihrer Zweidimensionalität und Unbewegtheit insbesondere den medienimmanenten Anforderungen einer Textpublikation, können also gut als textergänzende Abbildungen auf Papier gedruckt werden. Diesem Darstellungskanon sind allerdings zwei Prämissen inhärent: erstens dass sich dreidimensionale Räume über das Hilfsmittel der Projektion als zweidimensionale Flächen abstrahieren lassen und zweitens dass ein architektonischer Raum mit einem Objekt und seinen begrenzenden Flächen identifiziert werden kann. Ein solcher Raumbegriff gerät in der jüngeren Forschung jedoch zunehmend in die Diskussion. Eine architekturgeschichtliche Forschung, die sich in zeitgemäßer Form mit Raumfragen auseinandersetzen will, besitzt mit den digitalen Medien heute erstmals angemessene Visualisierungs- und durch das Potential interaktiver Elemente auch Verifizierungsmöglichkeiten für ihre Thesen. Es ist zu erwarten, dass sich diese visuellen Darstellungsmöglichkeiten auch auf das Publikationswesen wissenschaftlicher Information auswirken werden. Bislang lassen sie sich in das Vortrags-, nicht aber in das gängige Publikationswesen integrieren. (Vortrag am 16.3.2007 beim XXIX. Deutschen Kunsthistorikertag in Regensburg)
Die ältere Kunstgeschichte war der Meinung, in der Brust Mantegnas hätten zwei Seelen miteinander im Streit gelegen: ein begeisterter Antiquar, der die antike Kunst als etwas Modellhaftes betrachtete, und ein frommer Christ, für den sie Ausdruck eines zum Untergang verurteilten Heidentums gewesen sei. Wir meinen dagegen, Mantegna habe aus typologischen Argumentationsmustern und Paragone-Argumenten (Gattungs-Wettstreit) eine Dialektik entwickelt, in welcher diese Gegensätze aufgehoben sind – wolle die Malerei, so deren Pointe, der christlichen Inkarnationsidee gerecht werden, müsse sie die Transzendenz der mittelalterlichen Kunst mit der taktilen Präsenz der antiken Skulptur verbinden. In diesem Zusammenhang ist das Samson-Dalila-Bild der Londoner National Gallery von besonderem Interesse. Es handelt sich um eine fingierte Skulptur, um eine kameeartige Kombination aus monochromen Relief und farbigen Steingrund. Sie will, so unsere These, als Exempel einer spätantiken Kunstübung verstanden werden, die zwischen antiker Vollplastik und christlicher Malerei auf ähnliche Weise vermittelt wie das Alte Testament zwischen antiker und christlicher Religion.
Gegenstand des Aufsatzes ist das Bildnis eines Edelmannes in San Francisco (jetzt Palace of the Legion of Honor) von Tiziano Vecellio. Der Dargestellter hält einen Brief mit der Adresse "D. Titiano Vecellio singolare amico". Dadurch wird zum Thema des Bildes, die Freundschaft des Dargestellten mit dem Künstler Tizian. Das Bild selbst wird zu einem humanistichen Kommentar über die Einzigartigkeit von Tizian und seiner Kunst -- "singolare", "unico" und "solo" -- Tizian wie der Maler Apelles. Der dargestellte Edelmann wird mit dem Paduaner Marco Mantova Benavides (1484-1582), Professor des Jurisprudenz, Sammler, Auftraggeber und Freund von Tizian, identifiziert. Andere Bildnisse des Marco Mantova Benavides -- von Giovanni dal Cavino, Jacob Zagar, Lodovico Leoni, 'Martinus Bergomensis', Enea Vico u.a. -- werden auch behandelt. In einem 'Postscriptum' wird gezeigt, dass das Wappen von Mantova Benavides identisch ist, mit dem Wappen des Emblems Nr. 159 von Andrea Alciati: "Amicitia etiam post mortem durans". Errata corrige: v.a. Seite 293, Zeile 6: "additions" = "editions"
Die kurze Streitschrift des Giovanni Luigi Valesio, Mitglied der Bologneser Academia de gl’Incaminati der Carracci, entstand im Zusammenhang mit einer Auseinandersetzung um ein Gedicht des Giambattista Marino. Es handelt sich bei dem unaufwendig gedruckten Pamphlet um einen von nur zwei gesichert zeitgenössischen kunsttheoretischen Traktaten aus dem Carracci-Umkreis – der andere ist Giovanni Battista Agucchis bis 1646 nur handschriftlich zirkulierender Trattato. Gewinnen lassen sich aus Valesios Text wichtige Aufschlüsse über Konzepte und Begriffe, wie sie die Carracci und ihr Umkreis im frühen 17. Jahrhundert benutzen.
In den Jahren von 1732 bis 1737 erschien in Venedig in zweiunddreißig Folio-Bänden (dreiunddreißig, zählt man den Index-Band mit) die umfangreichste jemals veröffentlichte Zusammenstellung von Schriften zur antiken (Sach-)Kultur: Wiederabgedruckt wurden neben einigen Texten der Spätantike und Frührenaissance in großer Vollständigkeit die antiquarischen Werke des 16. und 17. Jahrhunderts. Damit vereinte dieser monumentale Thesaurus antiquitatum in sich die älteren Sammelwerke zur römischen Antike des Johannes Georgius Graevius (Thesaurus antiquitatum romanarum, 12 Bde., Utrecht 1694-1699, 2. Aufl. Venedig 1732-1737), zur griechischen Antike des Jacobus Gronovius (Thesaurus Graecarum antiquitatum, 13 Bde., Lyon 1697-1702, 2. Aufl. Venedig 1732-1737), sowie die Ergänzungsbände des Albert Henrik de Sallengre (Novus Thesaurus antiquitatum Romanarum, 3 Bde., Den Haag 1716-1719, 2. Aufl. Venedig 1735) und Giovanni Poleni (Utriusque Thesauri antiquitatum Romanarum Graecarumque nova supplementa, 5 Bde., Venedig 1737). Die im Folgenden wiedergegebene alphabetischen Sach- und Autoren-Indices dieses Thesaurus erschließt die heute kaum mehr bekannte Fülle dieser antiquarischen Arbeiten und ihrer in vielen Fällen für Fragen der Bildkünste und Architektur zentralen Themen.
Ediert werden zwei im Jahr 2001 vom Herausgeber wiedergefundene Rechnungsbücher zu Bau- und Ausstattungsgeschichte der Cappella Bernabò in S. Giovanni Crisostomo zu Venedig. Ergänzt werden die beiden Dokumente um mehrere Register, einen Glossar und einen tabellarischen Anhang, der vor allem die finanziellen Transaktionen und Aspekte dieser Quellen erläutert. Die beiden Rechnungsbücher oder quaderni zur Kapelle bieten auf weiten Strecken die einzigen Zeugnisse für den Neubau der Kirche von S. Giovanni Crisostomo in den Jahren um 1500. Im größeren Kontext Venedigs und der Wende zum 16. Jahrhundert gesehen, bieten sie eine außergewöhnlich vollständige Dokumentation zu einem einzelnen Bauprojekt, zu den finanziellen Vorgehensweisen der verantwortlichen fabbrica und zur Struktur des ausführenden cantiere.
1548 legte der Schweizer Philologe, Naturwissenschafter und Mediziner Conrad Gesner mit den einundzwanzig Büchern seiner Pandectae, sive partitiones universales eine enzyklopädisch geordnete, zugleich mit bibliographischen Angaben versehene Darstellung aller Bereiche der Wissenschaften und Künste vor. Grundlage dafür war Gesners bereits 1545 erschienener virtueller Bibliothekskatalog aller Schriftsteller, die zu diesen Wissensgebieten in den drei Sprachen Latein, Griechisch und Hebräisch publiziert hatten. Die Bibliotheca universalis wie die Pandectarum ... libri xxi stellen nicht nur wichtig Etappen in der Bibliotheks- und in der Wissenschaftsgeschichte dar; sie haben auch einen besonderen Stellenwert in der Kunstgeschichte und Geschichte der Altertumswissenschaft inne. Gesners Bibliothek und ihre Erschließung gehören zu den ersten Versuchen, die Quellenliteratur beider Disziplinen zu sammeln und durch die Veröffentlichung weithin zu verbreiten.
Auf den Ceasarteppichen des Historisches Museums in Bern, entst. in Tournai um 1465/70, bilden die dargestelten Wolkenformationen Fische, Drachen und Schaefchen. Sind dies Beispiele fuer eine fruehe Kenntnis von Kunsttheorien der italienischen Renaissance noerdlich der Alpen? Mitnichten. Es handelt sich um daemonische Wesen, die der Vorstellungswelt des Mittelalters entstammen und das tragische Schicksal des Helden verfolgen.
Plenumsvortrag am 14. März 2007 für die Sektion „Digitale Kunstgeschichte“ auf dem 29. Deutschen Kunsthistorikertag in Regensburg