Seit etwa 1770 wurden der Hochtaunus und die landschaftlich reizvolle Gegend zwischen Kronberg und Eppstein von Wanderern, Literaten und Malern entdeckt und daraufhin vielfach beschrieben und künstlerisch dargestellt. Der Katalogbeitrag von Gerhard Kölsch zeichnet diese Entdeckungsgeschichte in vielen Facetten nach: Wie fand der „Taunus“ zu seinem heutigen Namen? Welche Rolle spielten hierbei die bekannten Taunusbäder? Wann und wie eroberten literarische „Gipfelstürmer“ den Feldberg und erkundeten Künstler auf „malerischen Reisen“ die Umgebung? Eine besondere Rolle kommt hierbei dem Frankfurter Kaufmannssohn, Dichter und Schöngeist Johann Isaac von Gerning zu, der in Kronberg ein Sommerhaus, sein „Tauninum“ besaß.
Christoph Keller bewegt sich mit seiner Arbeit an der Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft. Der Titel “Observatorium" bezeichnet nicht nur eine gleichnamige Werkserie, sondern sein künstlerisches Vorgehen an sich. Es geht um eine Umkehrung des Blicks: Das Beobachtende wird selbst zum Objekt der Betrachtung. Die Publikation bezieht retrospektiv eine Auswahl von älteren Werken ein und bietet einen Einblick in die verschiedenen Themenfelder Kellers künstlerischer Arbeit. Mit Beiträgen von Sharon Ben-Joseph, Anselm Franke, Stefan Heidenreich, Christoph Keller, Hans-Ulrich Obrist, Hilke Wagner. Erschienen anlässlich der Ausstellung Christoph Keller: OBSERVATORIUM im Kunstverein Braunschweig, kuratiert von Hilke Wagner.
Die Signalfarbe Rot ist vielfältig und behielt über Jahrtausende ihre einzigartige Stellung in der Kunst in all ihren Schattierungen und Facette, von Rosa bis Purpur, bei. Rot nimmt in neuzeitlichen Farbtheorien eine Mittelstellung zwischen Hell und Dunkel ein (François d´Aguilon, Optik, 1613). Sie ist die Farbe der Erotik, des Neubeginns, der Durchsetzung, der Kraft und des Todes. Im Alltag liebt diese Farbe den großen Auftritt und wirkt dominant, selbstbewusst und richtungsweisend. Aufgrund der immer raffinierteren Erzeugung der Farbpigmente wurde eine schier unbegrenzte Nutzung ermöglicht.
Der Beitrag führt in das Thema der Publikation zu Leben und Werk der oberbayerischen Bildberichterstatterin Erika Groth-Schmachtenberger (1906-1992) ein. Hierin werden Themenschwerpunkte und Bildsprache der in den 1930er bis 1980er Jahre entstandenen, geschätzt 360.000 überlieferten Aufnahmen kurz skizziert. Die Bilder entstanden nicht nur in Oberbayern und Unterfranken, den Heimatregionen der Fotografin, sondern auch auf den zahlreichen Reisen durch das westliche, südliche und südöstliche Europa. Publiziert wurden ihre Bilder in diversen Zeitschriften und ab den 1960er Jahren auch in heimatkundlichen Büchern. Im Mittelpunkt des Schaffens stand immer wieder der handelnde Mensch in seiner sozialen und räumlichen Umgebung, überwiegend im ländlichen und kleinstädtischen Milieu: Ihre Aufnahmen von Architektur, Bräuchen, Trachten sowie Alltag mit Landwirtschaft, Handwerk und häusliche Tätigkeiten, so authentisch sie wirken, vermitteln stets den Eindruck von „heiler Welt". Heute stellt ihr Werk für die wissenschaftliche Beschäftigung mit ländlichem Leben einen ergiebigen, jedoch kritisch zu hinterfragende bildliche Quelle dar.
Das fotografische Schaffen der Bildberichterstatterin Erika Groth-Schmachtenberger (1906-1992) galt der „Dokumentation" von Alltag auf dem Land in all seinen Facetten. Sie war über 50 Jahre freiberuflich für diverse Zeitschriften und Buchprojekte tätig. Als sie in ihrem Ruhestand 1972 nach Murnau am Staffelsee übersiedelte war es nur naheliegend, dass sie Kontakt zu dem gerade im Entstehen befindlichen Freilichtmuseum an der Glentleiten suchte, das als zentrales Museum für ländliches Wohnen und Wirtschaften in Oberbayern ihre Interessen bediente. Groth-Schmachtenberger begleitete fotografisch nicht nur den Aufbau der Häuser als „Dokumentarin der ersten Stunde", sie hielt neben der Eröffnungsfeier des Museums 1976 auch in den folgenden Jahren verschiedene Veranstaltungen, Handwerksvorführungen und Ausstellungen im Bild fest. Einen Großteil ihrer in Oberbayern gemachten Aufnahmen überließ sie dem Freilichtmuseum.
Die der Ausstellungspublikation über die oberbayerische Bildberichterstatterin Erika Groth-Schmachtenberger (1906-1992) angehängte Bibliografie umfasst überwiegend graue Literatur zur Person und Werk. Neben Sekundärpublikationen zur Fotografin finden sich hierin auch die Zeitungsartikel über sie. Ferner spiegelt sich ihre umfangreiche Tätigkeit als Publizistin eigener Bildwerke in Büchern, meist in Zusammenarbeit mit diversen Verlagen und Autoren. Aufgelistet sind auch die Zeitschriften, an die Groth-Schmachtenberger ihre Aufnahmen regelmäßig verkauft hat. Vor allem nennenswert und aufschlussreich für ihr Werk sind jedoch die aufgelisteten 28 Typoskripte der Fotografin aus den Jahren 1936 bis um 1988, jeweils mit Angabe des aktuellen Standortes.
Der Beitrag zeichnet die Lebensstationen der oberbayerischen Bildberichterstatterin Erika Groth-Schmachtenberger nach, versucht aber auch die Person zu charakterisieren, weshalb vor allem Fotos aus dem Privatleben gezeigt werden.
Der Aufsatz zeichnet den Werdegang der Münchner Kunstakademie in den Jahren 1886 bis 1918 nach. Mit dem neuen Gebäude von Gottfried von Neureuther am Siegestor war erstmals nicht nur das zuvor virulente Platzproblem gelöst, sondern es wurde auch über die Architektur ein neues Selbstbewusstsein nach außen signalisiert. August von Kaulbach war dem berühmten Karl von Piloty als Akademiedirektor gefolgt, dessen Amtszeit jedoch blaß blieb. Erst sein Nachfolger Ludwig von Löfftz konnte durch eine geschickte Personalpolitik der Akademie neue Impulse geben. Es wurden einige Secessionisten und modernere Lehrer wie Paul Höcker, Heinrich von Zügel oder Franz von Stuck berufen, die abermals viele bedeutende junge Künstler anzogen. Doch die Einrichtung neuer privater Kunstschulen, die mit progressiven Lehrmethoden zu einer ernsthaften Konkurrenz wurden, sowie der Führungsstil des zwischen 1900 und 1919 nachfolgenden, konservativ gesinnten Akademiedirektor Ferdinand von Miller ließen die Bedeutung der Akademie schwinden und ebneten den Weg in ein konservatives Fahrwasser, so dass die Akademie später in der Rolle einer nationalsozialistischen Vorzeigeinstitution aufgehen konnte.
Das 19. Jahrhundert gilt als das Jahrhundert der Institutionalisierung von Kunst: Zum einen erlangten Akademien und Kunstschulen eine Vorrangstellung in der Ausbildung und Produktion von Kunst, zum anderen sorgten Museen und Ausstellungshäuser für ihre Publizität und Vermarktung. Auch die sich formierenden Universitätsinstitute, an denen sich das Fach Kunstgeschichte allmählich als wissenschaftliche Disziplin etablierte, sowie die Instanzen Kunstkritik und Kunstmarkt bestimmten zunehmend den Kreislauf des Kunstbetriebs und damit auch die Ausbildung eines gültigen Kanons der Kunst. Die Institutionen setzten die Unterschiede zwischen Kunst und Nicht-Kunst, zwischen Professionalität und Dilettantismus. Der Aufsatz bietet einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Kunstinstitutionen, die sich im 19. Jahrhundert etablierten und bis heute den Kunstbetrieb bestimmen.
Im Aufsatz wird dem Werdegang des Bildhauers Hans Wimmer, der an der Münchner Kunstakademie in den 1920er und 1930er Jahren studierte nachgegangen, um gleichzeitig die Institution in den Zeiten vor und während des Zweiten Weltkriegs vorzustellen. Als Hans Wimmer sich 1928 zum Studium der Bildhauerei in der Münchner Kunstakademie einschrieb, fand er sich in einer selbstgenügsamen, traditionsreichen, aber innovationsarmen Institution wieder. Seit Mai 1924 lenkte der Architekt German Bestelmeyer die Geschicke des Hauses. Sein Kollegium vertrat ein sehr konservatives Kunstverständnis und war dem Akademismus des 19. Jahrhunderts verpflichtet. Gleich nach der Machtergreifung diente dieser sich den Nationalsozialisten an. Das Regime etablierte wenig später Adolf Ziegler als Professor, der dort sein Büro, das er für die Ausübung seines Amtes als Präsident der Reichskammer der bildenden Künste nutzte, installierte. Als Wimmer bereits die Akademie verlassen hatte, folgte die Berufung von weiteren regimetreuen Künstlern, darunter auch Joseph Thorak. Die Festzüge zum „Tag der Deutschen Kunst“ sowie die Ausstellungen im „Haus der Deutschen Kunst“ waren eng mit den Professoren der Münchner Kunstakademie verknüpft.
Der Beitrag untersucht das Handlesemotiv und die Repräsentation von ‚Zigeunern‘ in der Kunst des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit anhand exemplarischer Werke. Offenbar faszinierte Künstler, Auftraggeber und Publikum am Handlesen die in der Interaktion selbst begründete Ambivalenz: dass einer weitgehend marginalisierten bzw. exkludierten Gruppe von Fremden die Deutung der eigenen Zukunft, des eigenen ›Schicksals‹ zugetraut und anvertraut wird. Die Bilder inszenieren so einen spezifischen Moment sozialer Ferne und räumlicher Nähe. Auch lagern sich vielfach an das Handlesemotiv alle weiteren Darstellungselemente an, die im Zusammenhang mit ‚Zigeunern‘ tradiert werden, insbesondere der Diebstahl. Es handelt sich dabei um ein regional und zeitlich nur leicht varierendes Set an Erkennungsmerkmalen, das dem Betrachter eine Identifizierung ermöglichen soll. Während die ‚Zigeuner‘ auf in den bildkünstlerischen Repräsentationen auch Objekt von Inklusionen sein können, wird das Handlesemotiv nach und nach zum Exklusionsformular.
Max Kühn, Grafiker und Maler, war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Stettin tätig und arbeitete ab 1945 in Stuttgart. Er zählt zu den Persönlichkeiten der pommerschen Kunstwelt, die es sich lohnt, kennen zu lernen. Seine schöpferische Tätigkeit begann um 1908, sein Studium absolvierte er zwischen 1911 und 1914 in Berlin. Von Anfang an widmete er sich Veduten- und Landschaftsthemen, denen er sein ganzes Leben treu blieb. Seine früheste bekannte Arbeit ist ein Zyklus von Federzeichnungen mit Dokumentationen Stettiner und Stargarder Architektur. Landschaften malte er anfänglich im Geiste der Plenairmalerei, unterlag jedoch in späteren Zeiten den Einflüssen verschiedener Strömungen, bis hin zu geometrischer Abstraktion, wie bei der Komposition künstlerischer Postkarten nach dem 2. Weltkrieg. Zu seinen ständigen Interessensbereichen zählte auch das Problem des räumlichen Aufbaus der vorgestellten Welt, das er auf unterschiedliche Weise zu lösen sich bemühte. Zu einem festen Bestandteil in Kühns Werken wurde der Lokalpatriotismus, der in der Motivwahl für Gemälde und Grafiken sichtbar ist. Es waren häufig wiederholte pommersche Landschaften und Orte, wie auch, nach 1945 Bilder seiner neuen Heimat. Einen ganz besonderen Platz im Kühnschen Werk nehmen die dokumentarischen Zeichnungen seiner im 2. Weltkrieg zerbombten Heimatstadt Stettin und seines neuen Lebensortes Stuttgart ein. Seltener versuchte sich der Künstler an interessanten Motiven eines Still-Lebens oder an Portraits. Für Kühns Werk ist die auf der Diagonalen aufgebaute Komposition charakteristisch, oder aus einer verengten Betrachterperspektive, die die dargestellte Welt ausgeschnitten und verzeichnet darstellt. Dabei nutzt der Künstler den starken Kontrast zwischen Licht und Schattenseite, wie auch den Kontrast zwischen Nähe und Entfernten. Diese Methoden dienten der Hervorhebung und Unterstreichung des Außergewöhnlichen, der in die allgemeine Alltäglichkeit verwobenen Besonderheit und geben dem Ganzen einen symbolischen Charakter. In seiner Art der Darstellung alltäglicher Elemente griff Kühn nicht selten zur Dekorierung. Um dies zu erreichen bediente er sich sowohl detaillierter Zeichnungen kleiner Motive mit klaren, komplizierten Konturen, als auch großer vereinheitlichter Flächen. In den 1920er Jahren unterlag er dem Einfluss des Expressionismus und des Konstruktivismus, der in der Deformierung der dargestellten Landschaften und ihrer Farben sichtbar wird. In den 1940er Jahren bevorzugt er Rohheit und pedantische Realität der Neuen Sachlichkeit. Später kehrt sein Werk, in künstlerisch gereifter Weise, zu den Zeichnungen in der Art des beginnenden 20. Jahrhunderts zurück, zu seiner Hingabe zur Asymmetrie und zur dekorativen Anwendung. Die Kühnsche Kunst ist tief in ihrem Grunde verwurzelt mit der aus der Mitte des 18. Jahrhundert stammenden Tradition des fast schon dokumentarischen Festhaltens von Stimmungen und der Exotik von Ruinenlandschaften und mit dem Geiste der norddeutschen Romantik eines C. D. Friedrich.
The article presents a new interpretation of artistic relation between Rembrandt van Rijn and Michael Willmann (1630-1706), the greatest Silesian painter in the age of Baroque, who came for education to Amsterdam around 1650. The author shows how a myth of Willmann as "Silesian Rembrandt" – the pupil and follower of the master of Amsterdam was created in 19th- and 20th-century literature. On the basis of a new reading of the biography of Willmann published by Joachim von Sandrart in 1683 in the Latin edition of "Teutsche Academie der Bau-, Bild- und Mahlerey-Künste" and an analysis of the series of twenty prints by Josef Gregory, carried out in 1794-1795 after Willmann’s drawings – the most probable documentation of the artist's education in Amsterdam – the author tries to revise the myth and reconstruct a real role Rembrandt and his art played not only in the education of Willmann, but also in his later artistic activity (drawings, paintings and etchings). In conclusion the author states, that Willmann did not follow the Rembrandtesque inspirations because the Italian art was an artistic ideal for him. Unfortunately, not having enough money Willmann could not go to Italy to provide full artistic education for himself. It was Willmann’s life defeat and the painter was aware of lacks in his artistic education till the end of his life.
Um das Jahr 1477 ließ die Gräfin von Württemberg, Margarethe von Savoyen, mehrere deutschsprachige Handschriften anfertigen, welche alle mit zahlreichen Illuminationen ausgestattet wurden. Darunter befand sich auch ein Altes Testament, das in drei Codices aufgeteilt ist: Cod. Pal. germ. 16, 17 und 18. Die Handschriften, die heute gemeinsam in der Universitätsbibliothek in Heidelberg aufbewahrt werden, gehören zu den Werken der so genannten „Ludwig-Henfflin-Werkstatt“. Die vorliegende Arbeit soll einen Einblick in die Stofftradition und die Produktionsweise der Stuttgarter Werkstatt gegeben, wobei es notwendig war, sich größtenteils auf das Alte Testament zu beschränken. Dabei erwies es sich von kunsthistorischer Seite als besonders spannend, die neue Art und Weise der Bebilderung, die bereits vor dem Buchdruck den Charakter einer seriellen Produktion aufweist, innerhalb des Illustrationsprozesses zu erkennen. Zudem konnte die gegenseitige Einflussnahme von Graphik und Zeichnung genauer beleuchtet werden. Der betrachtete Zeitrahmen zwischen dem Mittelalter und der Neuzeit, dem Übergang vom geschriebenen zum gedruckten Buch spiegelt sich in den Darstellungen des Alten Testaments der Gräfin von Württemberg wider. Dass Margarethe von Savoyen ein Bildprogramm in ihrer Bibel erhielt, das auf sie zugeschnitten war, zeigen die höfischen, burgundischen Elemente, die sich in der Handschrift wiederfinden. Die Illustrationen der Henfflin-Bibel schaffen es gleich einem Netz, den süddeutschen Raum mit Burgund zu verbinden, die handschriftliche Illustration mit der Graphik und damit auch das Mittelalter mit der Neuzeit.
Im vorliegenden Aufsatz kartieren wir komplexe Netzwerkeigenschaften der Archäologischen Bibliographie. Insbesondere beleuchten wir die allgemeine Struktur thematischer Unterteilungen sowie die(Ko-)Popularität spezifischer Themen in Publikationen der Klassischen Archäologie – entsprechend den Aufzeichnungen der bibliographischen Datenbank seit 1956. Zur Kartierung der angesprochenen Phänomene verwenden wir Methoden und Werkzeuge der Netzwerkforschung. Unsere Ergebnisse bilden die Basis für weitere Untersuchungen auf dem Weg zu einem tieferen Verständnis archäologischer Datenmengen sowie einem neuen Gesamtbild der Disziplin.
Grabungen 1989 und 1990 sowie 2005 und 2006 in einer Wüstung des späten 6. bis 12. Jahrhunderts im östlichen Stadtrandbereich von Mannheim lieferten ein reiches Fundmaterial. Schon die erste Sichtung erbrachte bei der frühund hochmittelalterlichen Keramik zahlreiche Besonderheiten, so etwa das Fragment eines Gefäßes vom Tatinger Typ oder eine rollstempelverzierte Scherbe der Trierer Hospitalkeramik.
Kirchenburgen – es gab sie auch bei uns, im Bereich des heutigen Baden-Württemberg (und Nachbargebieten). Man findet in manchen Orten bei Kirchen Befestigungsreste, Mauern von mehr als einem Meter Stärke mit Schießscharten. Oft ist auch der Turm der Kirche selbst mit Schlitz- oder Schlüssellochscharten ausgerüstet. Im Gegensatz zu Burgen sind Kirchenburgen bisher mehr im Osten Europas sowie dem Nordwesten Frankreichs bekannt. Vereinzelt findet man in der Literatur auch Franken als ein Gebiet derselben, doch die Verbreitung erstreckte sich, der Notwendigkeit ihrer Existenz folgend, viel weiter. Auch gibt es bisher noch wenig Einigkeit über den Begriff als solchen (Kirchenburg, Wehrkirche; Wehrfriedhof sind zu finden), noch über die Hintergründe ihrer Existenz. Ich habe in den 4 Jahren meiner Photodokumentation im nördlichen Bereich Baden-Württembergs die Reste von mehr als 240 ehemaligen Anlagen dokumentiert. Das sie existierten, ist auch heute noch ersichtlich - was aber waren die Ursachen zum Bau befestigter Kirchenanlagen, welche die Ortsbevölkerung bargen (deshalb nenne sich sie auch Kirchen-“burgen“, vom Begriff „Bergen“; Wehrkirchen werden etwas anders definiert). Wovor mußte man die leibeigenen Bauern und Landleute schützen ? Nach 4 Jahren intensiver Recherche in alter Literatur des 19. Jahrhunderts, welche wiederum Ortschroniken noch älterer Quellen enthalten, formt sich ein neues und sehr intensives Bild über das 14. und 15. Jahrhundert. Gemeinhin schreibt man dem Dreißigjährigen Krieg des 17 Jahrhunderts und den anschließenden Franzöischen Reunionskriegen des 17/18. Jahrhunderts eine sehr zerstörerische Wirkung in einem vorher nie gekannten Ausmaß zu. Es war aber auch zur Zeit des 14. und 15. Jahrhunderts eine Zeit, , in der Schlag und Gegenschlag, Brandschatzung, Terror und Mord beinahe alltäglich waren. Und, wie so oft im Laufe der Geschichte, musste der „kleine Mann“ zum einen die Hauptlast der Auseinandersetzung tragen, zum anderen wurde sie auf Ihm ausgetragen. Aus Stadt- und Ortschroniken formt sich ein Bild, dessen Schrecken den späteren „Großen Kriegen“ in nichts nachstehen. Der Begriff „Städtekriege“ taucht erstmals im frühen 14. Jahrhundert auf und ist bis in das späte 15. Jahrhundert hinein immer wieder präsent. Doch auch dies ist nur die „Spitze“ einer Eskalation, die zu Zeiten König Adolf von Nassau begann. Seine besondere Bevorzugung der Reichstädte gab diesen ein neues, starkes Selbstwertgefühl. Ihr Streben nach Macht, begünstigt durch starke Münz- und Marktrechte, waren für die Städte der Adeligen eine ernste Gefahr, strangulierte es doch ihre „normalen“, botmäßigen Städte mehr und mehr ab. Weiterhin übernahmen die Reichsstädte auch die bis dahin den Adeligen zustehenden Zoll- und Wegerechte, und begannen auch die Ortschaften vieler Niederadeliger in ihrer Umgebung zu erwerben, was die Situation weiter anheizte. Anfang des 14. Jahrhunderts brachen immer mehr offene Feindseligkeiten aus, die meist darin bestanden, nicht etwa eine Reichsstadt selbst oder die Burg eines Grafen direkt anzugreifen (beide meist gut befestigt), sondern die wirtschaftlichen Grundlagen der Gegenseite zu zerstören: Bewaffnete Bürger der Reichsstädte verwüsteten die Dörfer der Adeligen, und unter der Führung von Rittern taten leibeigene Bauern unter Waffen dasselbe mit den Dörfern der Reichsstädte. In der Tat lassen sich besonders im Umkreis von einstigen Reichsstädten wie Rothenburg ob der Tauber, Schwäbisch, Hall, Schwäbisch Gmünd oder Heilbronn „Konzentrationen“ von Ortschaften mit Kirchenburgen feststellen. Neugründungen von befestigten Kirchen im 14. Jahrhundert, zu Anfang des 15. und wiederum verstärkt gegen Ende desselben sind belegbar; in einigen Fällen lassen sich sogar Verstärkungen der Befestigungen bis ins frühe 16. Jahrhundert belegen. Man mußte einen Weg finden, die eigenen Leute vor den Angriffen der Gegenseite zu schützen. Kirchenburgen dienten nur zum kurzzeitigen Schutz, nicht für tagelange Belagerungen. Häufig kamen schon nach Stunden Truppen der eigenen Partei zu Hilfe. Aber ohne die Möglichkeit, diese Stunden auszuharren, waren die Leute verloren. Und so waren denn die Kirchenburgen auch stark gebaut, sie entsprachen in wehrtechnischer Hinsicht einer adeligen Burg, mit allem, was dazu gehörte ( Mantelmauer, Gräben, Toranlagen); nur wurden sie verteidigt von leibeigenen Bauern unter Waffen. Kirchenburgen waren bis in das 17. Jahrhundert hinein als Schutzmöglichkeiten für die Ortsbevölkerungen in Gebrauch, wie einzelne Zeichnungen von Augenzeugen aus dieser Zeit beweisen. Ein ganz besonderes Kleinod ist das Gebiet Württembergs in den Jahren 1680-87, das vom Landvermesser Andreas Kieser komplett abgebildet wurde. Viele Anlagen sind in ihrem damaligen Zustand zu sehen, die heute nur noch Reste aufweisen, oder ganz verschwunden sind. Kirchenburgen – architektonisch wie geschichtlich ein fester Bestandteil unserer Geschichte. Nur einige einstige Anlagen haben noch gute Teile (wie zum Beispiel Lienzingen, Iptingen, Dietlingen), komplett erhalten ist keine mehr. Sofern nicht vorher durch Kriege zerstört, wurden viele im 19. Jahrhundert abgetragen, um das Steinmaterial zum Bau von Häusern zu verwenden. Doch – es ist mancherorts noch liebevoll restauriertes vorhanden, und auch die inzwischen verschwundenen Anlagen werden fortan nicht vergessen sein – solange man sich ihrer erinnert !
Ausgehend von einem Schreiben an den Reichsminister für Erziehung und Volksbildung Bernhard Rust vom November 1937, in dem der Münchener Architekt German Bestelmeyer, Professor an der Technischen Hochschule und Präsident der Akademie der bildenden Künste, die Finanzierung der lange geplanten künstlerischen Ausschmückungen des neuen Ehrenhofs des Deutschen Museums anmahnte, werden anhand von Schreiben und Fotos aus dem Archiv dieses Museums Zusammenhänge mit den politischen Auseinandersetzungen der Zeit verfolgt. Die um 1933 noch wenig gefestigte Rolle des technisch-naturwissenschaftlichen Museums, das sich mit der Eröffnung des neuen Ausstellungsgebäudes auf der Isarinsel 1925 sofort als Publikumsmagnet erwies, erfuhr durch die beiden neuen Gebäude für Bibliothek, Archiv und weitere Studienmöglichkeiten einerseits und den großen Saal für populärwissenschaftliche Vorträge und Kongresse, aber auch für große politische Veranstaltungen, andererseits, eine neue Gewichtung. Oskar von Miller, Museumsinitiator und langjähriger Leiter, hatte ein derartig vielseitiges „Projekt Deutsches Museum“ von Anfang an geplant gehabt. Die mit dem Ausstellungsgebäude über den als „Ehrenhof“ bezeichneten Hof zu einem Gesamtkomplex verbundenen Neubauten entstanden nach dem Entwurf Bestelmeyers trotz Weltwirtschaftskrise und politischem Umbruch in der erstaunlich kurzen Zeit zwischen 1928 und 1935. Für die nachträglichen Ausschmückungen der sehr nüchtern geplanten und ausgeführten Bauten engagierte der Architekt Künstler aus der von ihm präsidierten Akademie. Im von der Residenz- zur republikanischen Landeshauptstadt degradierten Zentrum der „Ordnungszelle“ des Reichs spitzte sich die politisch sanktionierte Auseinandersetzung um Kunst und Architektur auch deshalb in besonderer Weise zu, weil sie der „Führer“ zu seinem persönlichen Anliegen deklariert hatte und sie schon bald als „Stadt der Deutschen Kunst“ und „Hauptstadt der Bewegung“ zweifach neu etikettieren sollte. Auch wenn sich die künstlerischen Ausschmückungen der Neubauten für die weitere Entwicklung der Kunstpolitik in München und in Deutschland nicht als übermäßig bedeutend erweisen sollten, so können sie doch als Indizien für die gewichtigen Interessen gelesen werden, die im bereits zur Institution gewordenen Gesamtprojekt Deutsches Museum zusammenliefen. Neben den zahlreichen, oft gewichtigen Protagonisten aus Politik, Industrie, Wirtschaft und insbesondere aus den akademisch institutionalisierten Natur- und Technikwissenschaften trat dabei auch eine Gruppe von Vertretern der Kunst und Architektur in Erscheinung. Neben kleineren Ausschmückungen, spielte das rund 130 Meter lange, sich über drei Wände des Kongreßsaals erstreckende Mosaik die bedeutendste Rolle. Initiiert vom Propagandaminister Goebbels veranstaltete ein speziell eingerichteter „Ausschuß zur Förderung der deutschen Mosaikkunst“ unter dem Vorsitz des ersten Präsidenten der Reichskammer der bildenden Künste, Ernst Hönig, einen Wettbewerb und wählte im Dezember 1934 aus 377 eingegangenen Entwürfen den des jungen Hermann Kaspar von der Münchener Akademie aus. Über das Projekt, das schon beim Wettbewerb als „eine der größten künstlerischen Aufgaben der Gegenwart und jüngsten Vergangenheit“ bezeichnet wurde, berichtete das offizielle Kunstorgan „Die Kunst im Dritten Reich“, bzw. „… im Deutschen Reich“ mehrmals mit großen Fotos und ließ an dessen vorbildhaftem Charakter im Kampf gegen die „entartete Kunst“ keinen Zweifel. Die Fertigstellung erfolgte erst in den Nachkriegsjahren, wobei es auch noch 1955 vom Nobelpreisträger Adolf Butenant als eines der „bedeutendsten Kunstschöpfungen unseres Jahrhunderts“ gewürdigt wurde. So steht es auch exemplarisch für den Umgang der jungen Bundesrepublik mit der künstlerischen Erbschaft des Nationalsozialismus. Drei der Protagonisten werden von ihren Biographien her ausführlicher charakterisiert: Der Architekt Bestelmeyer, der Kunstmaler Kaspar und zuletzt der Verleger Hugo Bruckmann, der seit dem Tod des Museumsgründers Oskar von Miller im Jahr 1934 bis 1941 die leitende Position im Deutschen Museum innehatte. Sie alle hatten sich in unterschiedlicher Weise, jedoch entschieden in den Dienst der Mission des Nationalsozialismus gestellt. Sowohl der Architekt als auch der Verleger wurden bei ihrem Tod 1941, bzw. 1942 mit vom „Führer“ angeordneten Staatsakten geehrt. Während sie das katastrophale Ende dieses Systems nicht mehr erlebten, gelang Hermann Kaspar, wie schon 1934 ausgehend vom Mosaik im Deutschen Museum, eine zweite Karriere als hochgeehrter Professor an der Münchener Akademie.
Der „Hortus Palatinus“ beim Heidelberger Schloss war die bedeutendste Gartenanlage Deutschlands vor dem Dreißigjährigen Krieg. Begonnen um 1613/1614 im Kontext der Eheschließung Friedrichs V. von der Pfalz (1596-1632) mit Elisabeth Stuart, der Tochter König Jakobs I. von England (1566–1625), stockte der Ausbau spätestens mit dem Scheitern Friedrichs als Böhmischer König im Jahr 1620. Aufgrund der ungünstigen Quellenlage für die Kriegsjahre und der Zerstörungen des Pfälzischen Erbfolgekrieges (1688–1697) war über den Zustand des Hortus Palatinus zwischen 1620 und den Verwüstungen von 1689 und 1693 bisher wenig bekannt. Vielfach ging man davon aus, dass er, kaum begonnen, bereits bei der Eroberung Heidelbergs von 1621 untergegangen sei. Der Aufsatz kann auf der Grundlage bisher nicht genutzter Quellen zeigen, dass der Garten tatsächlich in erheblichen Teilen fertig gestellt wurde und während des 17. Jahrhunderts eine attraktive und von den Zeitgenossen durchaus wahrgenommene Anlage war. Sogar die kunstvollen Wasserspiele und Automaten des Ingenieurs und Gartenarchitekten Salomon de Caus waren in Teilen bis zur Funktionsfähigkeit gediehen und wurden auch von auswärtigen Besuchern besichtigt.
Die 1808 gegründete Münchner Kunstakademie war über lange Zeit ein 'Magnetfeld' von internationaler Dimension und zog zahlreiche Studenten aus dem Ausland, insbesondere aus den USA, aber auch aus dem gesamten mittel-, ost- und südosteuropäischen Raum an. Einige dieser ausländischen Künstler blieben nach Abschluss ihres Studiums in München, eröffneten hier eigene Kunstschulen oder wurden selbst zu Lehrern an der Akademie ernannt. Sie trugen ebenso wie die in ihre Heimatländer zurückgekehrten Künstler wesentlich zum Ruf Münchens als einer 'Kunststadt' bei. Dieser Band enthält die Beiträge der Tagung "Isar/Athen. Griechische Künstler in München - Deutsche Künstler in Griechenland" (siehe http://www.zikg.eu/main/2007/isar-athen/index.htm). Die Beziehungen zwischen München und Griechenland waren aufgrund der politischen Gegebenheiten von besonders enger Natur. Die Texte schlagen einen Bogen vom 19. Jahrhundert über Giorgio de Chirico bis zu gemeinsamen Projekten der Münchner und Athener Akademien der letzten Jahrzehnte.