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Dilemmakompetenz und seelische Gesundheit von Krankenhausmitarbeitenden: Zwei Studien zu den Möglichkeiten und Grenzen psychosozialer Interventionsprojekte

Drews, Antonia

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Abstract

Der Arbeitsplatz Krankenhaus birgt gesundheitsgefährdende Arbeitsanforderungen und Rahmenbedingungen für seine Beschäftigten. Einen relevanten Ausschnitt dieser Anforderungen stellen Dilemmata im Führungskontext dar. Insbesondere mittlere Führungskräfte sind regelmäßig von dilemmatischen Entscheidungssituationen betroffen, in denen widersprüchliche Zielvorgaben (z.B. bestmögliche Patient*innenversorgung und das Erfüllen betriebswirtschaftlicher Vorgaben) gleichzeitig erfüllt werden sollen. In diesem Zusammenhang sind verschiedene Berufsgruppen innerhalb des Krankenhauses mit unterschiedlichen Anforderungen und Belastungen konfrontiert. Hierbei konzentriert sich bisherige Forschung mehrheitlich auf die Situation von Ärzt*innen und Pflegenden, weniger häufig auf die Verwaltung und den Servicebereich (z.B. Küchen- und Reinigungspersonal), obwohl auch diese Berufsgruppen stark belastet sind. Zudem spielt Geschlecht von Krankenhausmitarbeitenden eine entscheidende Rolle: Frauen kommen insgesamt deutlich seltener in Führungspositionen vor und zeigen sich teilweise stärker belastet als ihre männlichen Kollegen. Meine Arbeit umfasst zwei aufeinander aufbauende Studien, die beide im Kontext des Forschungsverbunds Seelische Gesundheit am Arbeitsplatz Krankenhaus (SEEGEN) entstanden sind. In Studie 1 untersuche ich die differentielle Wirksamkeit eines gruppenbasierten „Dilemmakompetenz“-Trainings für mittlere Führungskräfte im Krankenhaus zur Stärkung eines gesundheitsfördernden Umgangs mit Dilemmasituationen. Hier erforsche ich, ob das bisher professions- und geschlechtsunspezifisch aufgebaute Training abhängig von der Berufszugehörigkeit und des Geschlechts der Teilnehmenden unterschiedlich wirksam für diese ist und von verschiedenen Subgruppen unterschiedlich rezipiert wird. Das untersuchte Training besteht aus acht jeweils dreistündigen Modulen und wurde an vier Krankenhäusern von insgesamt N = 69 mittleren Führungskräften (Oberärzt*innen, Stationsleitungen, Leitungen des Service- und Verwaltungsbereichs) besucht. Anhand eines quantitativen Längsschnittdesigns sowie qualitativer Einzelinterviews vor- und nach dem Training untersuche ich die subgruppenspezifische Wirksamkeit des Trainings inferenzstatistisch sowie auf Basis einer strukturierenden Inhaltsanalyse der Einzelinterviews. Quantitativ konnte gezeigt werden, dass sich das Baseline-Level der Ambiguitätstoleranz zwischen den Berufsgruppen unterschied: Oberäzt*innen berichteten eine höhere Ambiguitätstoleranz als Servicekräfte. Hinweise zur Wirksamkeit des Trainings ließen sich wie folgt beobachten: Weibliche Führungskräfte berichteten ein höheres Stresserleben als männliche Führungskräfte, dieser Unterschied zeigte sich im Trend über den gesamten Studienverlauf, nach Abschluss des Trainings sogar statistisch signifikant. Qualitativ ließ sich anhand von Globalratings der Interviews sowie über Häufigkeitsvergleiche zwischen Beschreibungen im Prä- und Post-Interview über alle Führungskräfte hinweg eine entlastende Wirkung des Trainings beobachten (unter anderem konnten körperliche Belastungssymptome reduziert werden und die Akzeptanz gegenüber Dilemmasituationen nahm zu). Das Training erwies sich für Führungskräfte aller Berufsgruppen und jeden Geschlechts als hilfreich und positive Erlebensveränderungen herbeiführend. Für Oberärzt*innen schien es insgesamt mehr positive Veränderungen mit sich zu bringen als für Servicekräfte. Für weibliche in etwa gleich viel wie für männliche Führungskräfte, jedoch erwies sich das durch das Training gewonnene „Dilemma-Bewusstsein“ als belastender für weibliche Führungskräfte als für männliche Führungskräfte. Unterschiede zeigten sich hinsichtlich der als besonders hilfreich empfundenen Aspekte des Trainings: Weibliche Teilnehmerinnen empfanden interpersonelle Trainingsaspekte am hilfreichsten, so wurde insbesondere der Vergleich mit anderen Teilnehmenden innerhalb der Trainingsgruppe und ein durch das Training gefördertes Solidarisierungsempfinden als wirksam erlebt. Männliche Teilnehmer empfanden hingegen die auf intrapersonaler Ebene gewonnene Erkenntnis, dass Dilemmata nicht lösbar sind, als besonders hilfreich. Für Servicekräfte schien besonders ein Empowerment durch das Training hilfreich. Gleichzeitig schien die Interprofessionalität der Trainingsgruppen für Servicemitarbeitende die größte Herausforderung darzustellen. Zudem fiel auf, dass Servicekräfte dem theoretischen Dilemma-Konzept des Trainings häufig nicht folgen konnten. Für Oberärzt*innen schien die Einsicht über die Unlösbarkeit von Dilemmata hingegen besonders wirksam. Es werden subgruppenspezifische Stärken und Schwächen des Trainings identifiziert und Möglichkeiten einer zielgruppengerechte(re)n Anpassung des Trainings diskutiert. In Studie 2 werte ich Forschungserfahrungen aus, die innerhalb des Forschungsverbund SEEGEN gemacht wurden bezüglich der Rekrutierung von Studienteilnehmenden, der Dropoutquote von Studienteilnehmenden sowie Rückschlüssen hieraus auf die stark belastenden Rahmenbedingungen der Krankenhausbeschäftigen. Anhand von N = 10 Expert*inneninterviews mit Forschenden aus dem SEEGEN-Verbund untersuche ich die Grenzen der Machbarkeit psychosozialer Präventionsangebote für Krankenhausmitarbeitende und deren Beforschung in randomisiert-kontrollierten Studien sowie das Selbstverständnis der Forschenden hinsichtlich ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung. Die Auswertung des Interviewmaterials erfolgte mittels einer strukturierenden Inhaltsanalyse. Studie 2 zeigt, dass befragte Forschende die Einflüsse gesundheitspolitscher Rahmengbedingungen auf den Erfolg des Forschungsverbund-Projektes insgesamt kritisch reflektieren und den Erfolg als begrenzt bewerten. Es besteht keine Einigkeit darüber, ob das auch zu grundsätzlich anderen Interventions- und Forschungsansätzen führen sollte. Die beteiligten Expert*innen sind alle im Feld der Gesundheitsförderung zugleich Praktiker*innen und Wissenschaftler*innen, die sich als Wissenschaftler*innen bestimmten Publikationsanforderungen und forschungsmethodischen Anforderungen unterworfen sehen, welche die Möglichkeiten alternativer Interventions- und Forschungsansätze teilweise praktisch nicht realisierbar erscheinen lassen. Klare politische Bekenntnisse von Forschenden werden kritisch betrachtet und mit negativen Konsequenzen für die Glaubwürdigkeit der Forschenden assoziiert. Abschließend werden die Notwendigkeit eines stärkeren Fokus auf verhältnisorientierte, partizipativ gestaltete Maßnahmen zur Gesundheitsförderung im Krankenhaus, die Mit-Verantwortung von Forschungsförder*innen zur Unterstützung von innovativer, neugieriger Forschung und die Relevanz eines selbstreflexiven und -kritischen Vorgehens von Forschenden unter Einbezug der Kontextfaktoren diskutiert. Meine Arbeit kombiniert in diesen beiden Studien Methoden traditioneller Sozialforschung im Gesundheitswesen (statistische Auswertung von Fragebögen und inhaltsanalytische Auswertung von Einzelinterviews) mit Methoden einer praxisorientierten und selbstreflexiven Handlungsforschung (wechselseitige Anregung zwischen Praxis und Forschung in einem Forschungsteam).

Document type: Dissertation
Supervisor: Schweitzer-Rothers, Prof. Dr. rer. soc. Jochen
Place of Publication: Heidelberg
Date of thesis defense: 17 November 2021
Date Deposited: 09 Dec 2021 14:18
Date: 2021
Faculties / Institutes: Medizinische Fakultät Heidelberg > Dekanat der Medizinischen Fakultät Heidelberg
DDC-classification: 150 Psychology
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