Nie mehr arbeiten müssen, morgens ausschlafen, den ganzen Tag lang nur tun, wozu man Lust hat. Solange man halbwegs jung ist, klingt das paradiesisch. In manchen Büros scherzen die lieben Kollegen ständig: „nur noch ein paar Jährchen bis zur Rente...!“
Aber wenn es dann soweit ist, fallen viele Menschen in ein Loch. Sie kommen nach jahrzehntelanger Arbeit nicht mit dem Ruhestand klar.
Campus-Reporter Nils Birschmann hat Dr. Christine Sattler, eine Arbeits-Forscherin der Uni Heidelberg gefragt, wie man sich frühzeitig aufs Älterwerden und den Ruhestand vorbereiten kann.
Der Beitrag erschien in der Sendereihe "Campus-Report" - einer Beitragsreihe, in der über aktuelle Themen aus Forschung und Wissenschaft der Universitäten Heidelberg, Mannheim, Karlsruhe und Freiburg berichtet wird. Zu hören ist "Campus-Report" montags bis freitags jeweils um ca. 19.10h im Programm von Radio Regenbogen (Empfang in Nordbaden: UKW 102,8. In Mittelbaden: 100,4 und in Südbaden: 101,1)
„Silver Surfer“ oder „Best Ager“ heißen in der Werbeindustrie ältere Menschen, die über eine hohe Kaufkraft verfügen. Schließlich sind Rentner heute oft noch bis ins hohe Alter kauffreudig und unternehmungslustig. Ist das nur die schöne Werbe-Welt, oder sind wir Deutschen tatsächlich immer länger fit und gesund?
Um das herauszufinden, haben Forscher der Uni Heidelberg in einer großangelegten Studie 25 Jahre lang das Älterwerden in zwei Generationen untersucht.
Campus-Reporter Nils Birschmann stellt die Ergebnisse vor. Auskunft darüber geben ihn Prof. Dr. med. Johannes Schröder und Dr. Christine Sattler.
Der Beitrag erschien in der Sendereihe "Campus-Report" - einer Beitragsreihe, in der über aktuelle Themen aus Forschung und Wissenschaft der Universitäten Heidelberg, Mannheim, Karlsruhe und Freiburg berichtet wird. Zu hören ist "Campus-Report" montags bis freitags jeweils um ca. 19.10h im Programm von Radio Regenbogen (Empfang in Nordbaden: UKW 102,8. In Mittelbaden: 100,4 und in Südbaden: 101,1)
Die vorliegende Arbeit untersucht den Einfluss von individuellen, im Lebenslauf verankerten Ressourcen auf das Risiko für kognitive Beeinträchtigungen im Altersverlauf. In der aktuellen Forschungsdiskussion werden entsprechende Ressourcen im Konzept der kognitiven Reserve zusammengefasst. Die Theorie der kognitiven Reserve liefert ein theoretisches Erklärungsmodell dafür, dass das Ausmaß von Gehirnschädigungen bei demenziellen Erkrankungen nicht eindeutig mit der klinischen Manifestation derselben korrespondiert. So bestehen erhebliche interindividuelle Unterschiede bzgl. des Zusammenhangs zwischen Gehirnpathologie und klinischer Symptomatik. Es ist davon auszugehen, dass Personen mit einem höheren Ausmaß an kognitiver Reserve Gehirnschädigungen länger kompensieren können. Es besteht jedoch bisher kein Konsens darüber, welche Faktoren genau zur kognitiven Reserve beitragen. Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, einen Beitrag zur Schließung dieser Forschungslücke zu leisten und mit ihren Ergebnissen zur aktuellen Präventionsdiskussion beizutragen. Für die vorliegende Arbeit konnten Daten der Interdisziplinären Längsschnittstudie des Erwachsenenalters (ILSE) ausgewertet werden, die zwei Geburtsjahrgangskohorten (1930-32 und 1950-52 Geborene) seit Beginn der 90er Jahre anhand eines umfassenden Untersuchungsprogramms in ihrem Altersverlauf untersucht (t1: 1993-1996, t2: 1997-2000, t3:2005-2008). In der vorliegenden Arbeit wurden Daten der älteren Jahrgangskohorte ausgewertet. Ausgehend vom ersten Messzeitpunkt wurde untersucht, inwiefern bestimmte Ressourcenunterschiede das Risiko, an einer leichten kognitiven Beeinträchtigung (LKB)bzw. Alzheimer-Demenz (AD) zum dritten Messzeitpunkt zu erkranken, beeinflussen.Die statistischen Analysen ergaben signifikante Unterschiede zwischen Kontrollprobanden und LKB- bzw. AD-Probanden hinsichtlich mehrerer Variablen. So wiesen Gesunde gegenüber Patienten signifikant mehr Bildungsjahre auf. Darüber hinaus gaben Kontrollpersonen zu t1 ein signifikant höheres Haushaltsnettoeinkommen an als Patienten. Weitere Unterschiede konnten bzgl. des Freizeitverhaltens der Probanden identifiziert werden. So wiesen Kontrollpersonen zu t1 ein signifikant höheres Ausmaß an kognitiver Freizeitaktivität auf als Patienten. Im Rahmen einer sportmotorischen Untersuchung zeigte sich, dass Probanden, die eine Aufgabe zur koordinativen Motorik zu t1 bewältigten, im Längsschnitt besser vor einer LKB bzw. AD geschützt waren. Hinsichtlich des Ausmaßes der selbst eingeschätzten körperlichen und sozialen Freizeitaktivität sowie der muskulären Kraft bestanden hingegen keine Gruppenunterschiede. Gleiches galt für die Ausprägungsformen der Gene Apo-E und COMT,die für diese Stichprobe keine Risikofaktoren darstellten. Im Rahmen einer schrittweisen logistischen Regressionsanalyse wurde das Bildungsniveau mit einer Varianzaufklärung von 12,7 % als stärkster Prädiktor für das spätere LKB- / AD-Risiko identifiziert. Als zweite Variable wurde das Ausmaß an kognitiver Freizeitaktivität in das Modell integriert. Den drittstärksten Prädiktor stellte der sozioökonomische Status dar. Als vierte und letzte Variable wurden koordinative Fähigkeiten berücksichtigt. Die Varianzaufklärung des Gesamtmodells lag bei 19,9 %. Die vorliegende Arbeit konnte zeigen, dass sowohl früh als auch im höheren Erwachsenenalter gestaltbare Ressourcen das Risiko für kognitive Beeinträchtigungen im Alter signifikant beeinflussen können. Einen wichtigen früh erworbenen Einflussfaktor stellt das Bildungsniveau dar. Doch auch das Verhalten im höheren Erwachsenenalter kann nach den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit das individuelle LKB- / AD-Risiko signifikant beeinflussen – so übten kognitive Freizeitaktivität und koordinative Fähigkeiten zu t1 unabhängig vom Bildungsgrad einen signifikant protektiven Effekt auf das LKB- / AD-Risiko zu t3 aus. Die vorliegenden Ergebnisse stellen einen wichtigen Ansatz für die Empfehlung von individuellen Präventionsmaßnahmen auf der Verhaltensebene dar. Hierbei steht die Stärkung von individuellen Ressourcen – wie etwa kognitiver und körperlicher Fitness – im Mittelpunkt. Zur genaueren Differenzierung des Reservekonzeptes sind weitere Forschungsarbeiten jedoch sicherlich wünschenswert und notwendig.