Bei über 90 Prozent aller Chemie- und Pharmaprodukte spielen Katalysatoren im Herstellungsprozess eine Rolle, und auch die Entstehung der meisten Kunststoffe wäre ohne ihre Mitwirkung undenkbar. An der Universität Heidelberg forschen Prof. Peter Hofmann und seine Mitarbeiter in Zusammenarbeit mit einem der grössten deutschen Chemieunternehmen, der BASF, an der Entwicklung neuer Katalysatoren für die verschiedensten Anwendungsgebiete. Mittels Computertechnik gelingt es den Heidelberger Forschern, Katalysatoren für ihre künftigen Aufgaben maßzuschneidern.
In der vorliegenden Dissertation wurde untersucht, ob deprotonierte Phenylessigsäureamide in SET-gestützten C-C-, C-N- oder C-O-Verknüpfungsreaktionen einsetzbar sind. Als potentieller Ein-Elektronenakzeptor fand N,N-Dimethylformamid (DMF) Verwendung. Obwohl bei den Umsetzungen der Amide mit NaH in DMF unter Argon in einem Temperaturbereich von 20-154 °C keine Produkte gewonnen werden konnten, die auf SET-gestützte Reaktionsfolgen zurückzuführen waren, entstanden zahlreiche Verbindungen, deren Bildungssequenzen auf außergewöhnlichen „Methylen“-Insertionen mit DMF als C1-Synthon basieren. So entstehen bei der Umsetzung von Phenylessigsäureamid unter Rückfluß aus jeweils zwei Edukt- und einem DMF-Molekül neben 3,5-Diphenylpyridin-2,6-diol und 3,5-Diphenylpyridin-2-ol (I) die methylenverbrückten Dimere racem- und meso-3,5-Diphenylpiperidin-2,6-dion sowie 3,5-Diphenyl-3,4-dihydropyridin-2(1H)-on (II). Der postulierte Entstehungsweg von I bzw. II schließt die direkte Reduktion einer amidischen Carbonylgruppe durch NaH ein. Dieses Reaktionsverhalten zeigt deutlich, daß sich die Reduktionskraft von NaH in DMF erheblich steigern läßt. Die beobachteten „Methylen“-Insertionen ließen sich auf Phenylessigsäure bzw. deren Esterderivate sowie auf 3-Phenylpropionsäureamid ausdehnen. Im Anschluß an diese Versuchsreihen konnte gezeigt werden, daß in Anwesenheit von Luftsauerstoff intramolekular verlaufende, SET-vermittelte C=C- bzw. C=N- Doppelbindungsbildungen realisierbar sind. So entsteht bei der Umsetzung von Biphenyl-2,2'-diacetamid mit NaH in DMF bei 70 °C Phenanthren-9,10-dicarboxyimid. Benzol-1,2-diacetamid reagiert mit NaH in DMF bei Raumtemperatur unter Bildung von 3-Hydroxyisochinolin-1-carboxamid. Dabei findet die unter synthetischen Gesichtspunkten sehr reizvolle Verknüpfung einer CH-aciden Methylengruppe mit einer amidischen NH2-Gruppe statt. Wird N-(Phenylacetyl)phenylessigsäureamid mit NaH in DMF bei Raumtemperatur umgesetzt, entsteht Diphenylmaleinsäureimid.
Thema der Dissertation war die Entwicklung der Ir-katalysierten allylischen Alkyl-ierung als Methode für die enantio-selek-tive Synthese. Allylische Alkylierungen gehören zu den etablier-testen katalytischen asymmetrischen Reaktionen, und mittlerweile gibt es viele Arbeiten auf diesem Gebiet. In den meisten dieser Publikationen beschäftigen sich die Autoren jedoch mit symmetrisch substituierten Allylsystemen. Bei unsymmetrisch substituierten Allyl-systemen tritt das zusätzliche Problem auf, den Angriff an das höher substituierte Allylende zu lenken, das mit dem häufig verwendeten Palladium als katalysierendes Metall nur für spezielle Substrate gelöst werden kann. Daher war es notwendig, eine neue Methode zu entwickeln. Das Katalysesystem [Ir(COD)Cl]2-P(OPh)3 liefert sehr gute Regioselektivitäten für aryl- und die anspruchsvolleren alkylsubstituierten Substrate. Diese Reaktion wurde 1997 erstmals von Takeuchi beschrieben. Bei der Entwicklung einer asymmetrischen Variante dieser Reaktion für alkyl- substituierte Allylsubstrate wurden zunächst grundlegende Fragen nach Ligandenbeschleunigung und optimalen Versuchsbedingungen beantwortet, bevor Liganden optimiert und neue Substrate getestet wurden. Phosphoramidite erwiesen sich als effektivste Liganden in Bezug auf Reaktivität und Regioselektivität. Mit diesen Liganden konnten Regioselektiviäten von 99:1 und Enantioselektivitäten von bis zu 94 ee für alkylsubstituierte Substrate erzielt werden. Einige Reaktionsprodukte können durch wenige Modifikationen in wichtige chirale Bausteine überführt werden.