Mutationen in den Untereinheiten des nikotinischen Acetylcholinrezeptors (AChR) der neuromuskulären Synapse (NMJ) können zu Veränderungen der Rezeptoreigenschaften, wie der Ligandenbindung und/oder der Kanalöffnung führen. Die daraus resultierenden Veränderungen des Endplattenpotentials können zu congenitalen myasthenischen Syndromen (CMS) führen, die als Slow-Channel bzw. Fast-Channel Congenital Myasthenic Syndrome (SCCMS bzw. FCCMS) bezeichnet werden. In der vorliegenden Arbeit wurden zwei transgene Knock-In-Mauslinien etabliert. An der ersten Mauslinie (g/eFC) wurde der Einfluss untersucht, den die Aktivität des AChR auf die Etablierung der NMJ während der Embryonalentwicklung hat. In diesen Tieren trägt eine nur embryonal exprimierte Untereinheit des AChR eine Punktmutation, die den Austausch einer Aminosäure (P121L) bewirkt. Diese Mutation wurde in myasthenischen Patienten gefunden in denen sie das FCCMS auslöst. Elektrophysiologische Untersuchungen zeigten, dass die Aktivität des AChR durch Einbau dieser mutierten Untereinheit drastisch reduziert wurde. Homozygote g/eFC-Tiere sterben bei der Geburt, die Etablierung und Lokalisierung der NMJ in der Muskelfaser sind gestört und das gerichtete Wachstum der Motorneurone ist nicht vorhanden. Diese Feststellungen belegen, dass die Aktivität des AChR für die korrekte Etablierung der postsynaptischen Seite der NMJ und das gerichtete Wachstum der Motoraxone verantwortlich ist. In einer zweiten Knock-In-Mauslinie (eSC) wurde eine Punktmutation in die postnatal exprimierte e-Untereinheit eingeführt, die ebenfalls den Austausch einer Aminosäure (L269F) bewirkt und im Menschen zum SCCMS führt. Homozygote eSC-Mäuse zeigen ab der zweiten Lebenswoche progressive myasthenische Symptome, wie reduzierte Kraft, reduziertes Körpergewicht und Veränderungen der Körperhaltung und Lautgebung. In diesen Tieren konnten massive degenerative Veränderungen der postsynaptischen Seite der NMJ und Muskelfaser festgestellt werden. Dazu gehören das Verschwinden postsynaptischer Einfaltungen, die Vergrößerung der Mitochondrien, subsynaptische Ansammlungen von Vesikeln und Vakuolen und Anzeichen degenerativer Prozesse der subsynaptischen Nuklei. Diese Veränderungen werden zusammengenommen als Endplattenmyopathie bezeichnet und konnten auch in Gewebe von SCCMS-Patienten festgestellt werden. Vermutlich werden sie durch massiv erhöhte Ca2+-Konzentrationen in der Muskelfaser ausgelöst. Neben der Endplattenmyopathie zeigten homozygote eSC-Mäusen, wie SCCMS-Patienten, eine Reduktion der AChR in der NMJ. Das SCCMS ist im Menschen eine dominant vererbte Krankheit, konnte dagegen aber nur in homozygoten eSC-Mäusen festgestellt werden. Die Gründe für die Unterschiede in der Vererbung konnten durch Kreuzungsexperimente geklärt werden. Dabei wurden eSC-Tiere mit Tieren einer anderen transgenen Mauslinie (eTet-Linie) gekreuzt, die nur eine reduzierte Expression der e-Untereinheit besitzt. Die Nachkommen aus diesen Kreuzungen zeigten myasthenische Symptome. Daraus folgt, dass die Unterschiede in der Vererbung mit der Expression des eSC-Allels zusammenhängt, das in heterozygoten eSC-Tieren schwächer exprimiert wird als das WT-Allel. Die Tiere der eSC-Linie können als Modellorganismus für SCCMS dienen. Mit ihrer Hilfe wird es möglich sein, in vivo neue Erkenntnisse über die physiologischen und genetischen Vorgänge, die bei der Entstehung von SCCMS eine Rolle spielen, zu sammeln. Möglicherweise ist auch eine Übertragung der Erkenntnisse auf neurodegenerative Krankheiten wie Epilepsie oder Schlaganfall möglich. Außerdem können sie durch genetische und morphologische Vergleiche mit anderen Mauslinien, in denen die Kanaleigenschaften des AChR verändert wurden, Aufschlüsse darüber geben, welchen Einfluss die Rezeptoraktivität auf die strukturelle und funktionelle Aufrechterhaltung der NMJ hat.
In der vorliegenden Arbeit wird die Beteiligung der L-?-amino-3-hydroxy-5-methylisoxazol-4-propionsäure-Rezeptor (AMPAR)-Untereinheit GluR-B bei Epilepsien, Lernprozessen und Sozialverhalten dokumentiert. Dazu wurden Mäuse mit vorderhirnspezifischer Ex-pression Q/R-uneditierter GluR-B-Untereinheiten und Mäuse ohne GluR-B-Untereinheit im Vorderhirn oder in GnRH-Neuronen untersucht; beides erhöht die Zahl Ca2+-permeabler AMPA-Rezeptoren in entsprechenden neuronalen Populationen. Die generelle Expression Q/R-uneditierter GluR-B-Untereinheiten (GluR-B(Q)) verursacht epileptische Anfälle mit frühem postnatalen Tod. Durch eine auf das Vorderhirn eingeschränkte GluR-B(Q)-Expression überleben 40 % der betroffenen Mäuse, die weiterhin an spontanen, epileptischen Attacken leiden, welche letztendlich den Tod der Tiere hervorrufen. In Cortex, Amygdala und Hippocampus spontan epileptischer Tiere tritt As-trozytose auf, die im Hippocampus von einer Abnahme Somatostatin- und Parvalbumin-positiver Interneurone begleitet wird. Zusätzlich ist eine erhöhte Neurogenese in der sub-granulären Zone des Hippocampus sowie eine Umorganisation der Moosfaserprojektionen in die innere Molekularschicht des Gyrus dentatus zu beobachten. Somit gleichen die anatomischen Veränderungen denen der Temporallappenepilepsie und Mäuse mit Vor-derhirn-spezifischer GluR-B(Q)-Expression eignen sich als genetisches Modell für dieses Krankheitsbild. Im Gegensatz zur GluR-B(Q)-induzierten Epilepsie führt ein Vorderhirn-spezifischer GluR-B-Verlust nur zu erhöhtem Angstverhalten, verminderter Motorkoordi-nation, gesteigerter Lokomotion und beeinträchtigter Angstkonditionierung. In Gedächtnis-tests lernen zwar die Mäuse in kürzerer Zeit zwei Gerüche zu unterscheiden, vergessen diese Unterscheidung allerdings schneller als Kontrolltiere. Wird die funktionelle Deletion des GluR-B-Gens weiter auf hypothalamische Neurone, einschließlich der GnRH-Neurone, eingeschränkt, so ist eine Beeinträchtigung des Sozialverhaltens der Männchen zu beobachten; diese sind verpaarungsunwillig und verteidigen ihre Käfige nicht gegen Ein-dringlingen, was nicht auf eine veränderte pulsatile GnRH-Freisetzung, sondern wahr-scheinlich auf eine gestörte Pheromon-Signalweitergabe zurückzuführen ist. Zusammenfassend bleibt festzustellen, daß GluR-B-haltige AMPA-Rezeptoren bei der Ausbildung zahlreicher Gehirnfunktionen beteiligt sind. Durch eingeschränkten GluR-B-Verlust in bestimmten Gehirnregionen lies sich eine direkte Beteiligung von GluR-B in Lern- und Sozial-Verhalten aufzeigen, während die Expression uneditierter GluR-B-Untereinheiten die essentielle Funktion der Editierung zur Aufrechterhaltung ausge-glichener Gehirnaktivität unterstreicht.