Im Rahmen der Dissertationsarbeit wurden drei Projekte verfolgt, die sich mit den molekularen Mechanismen der Plasmodium-Anopheles Interaktionen beschäftigen. 1. Die melanotische Einkapselung von Plasmodium-Parasiten im Mitteldarm der Anopheles gambiae Mücke stellt eine effiziente Immunantwort dar, die den Lebenszyklus des Malaria-Erregers unterbrechen kann. Die Prophenoloxidasen (PPOs) gelten als Schlüsselenzyme dieser Reaktion. Eine funktionelle Charakterisierung der neun PPOs von An. gambiae erfolgte durch die gezielte Herunterregulierung der Gene mittels RNA-Interferenz in der adulten Mücke, verbunden mit anschließenden Infektionsexperimenten. Für sechs PPO-Gene konnte unter bestimmten Knockdown-Voraussetzungen eine deutliche Reduktion der melanisierten Parasiten nachgewiesen werden. Interessanterweise hatte das gene-silencing in suszeptiblen und refraktären Mücken unterschiedliche Auswirkungen. Während der Rückgang der melanisierten Parasiten beim G3/dsCTL-MA2 gleichzeitig in einer steigenden Anzahl lebender Oozysten resultierte, führte die Reduktion der eingekapselten Plasmodien im refraktären L3-5 Stamm dagegen zu keiner erhöhten Überlebensrate. 2. Die Invasion der Plasmodium-Sporozoiten in die Speicheldrüse der Mücke ist entscheidend für die Übertragung auf den Säugetierwirt. Da Sporozoiten präferentiell die beiden lateralen Lappen der Speicheldrüsen und erst dann den medialen Lappen invadieren, wurde mittels subtraktiver cDNA-Hybridisierung eine lateral-spezifische cDNA-Bibliothek erstellt, um potentielle Speicheldrüsen-Rezeptoren zu identifizieren. Als mögliche Kandidaten wurden die Gene SGS4 und 5 der SGS-Familie von An. gambiae beschrieben. 3. Sporozoiten sind die einzigen Stadien innerhalb des Plasmodium-Lebenszyklus, die in der Lage sind, zwei vollkommen unterschiedliche Organe zu invadieren – die Speicheldrüse der Mücke und die Leber des Säugetiers. Im dritten Teil der Arbeit stand die molekulare und funktionelle Charakterisierung des Sporozoiten-spezifischen UOS3 Gens von Plasmodium berghei im Mittelpunkt. Genetische Deletionsstudien haben gezeigt, dass UOS3 essentiell für die gliding motility und Zellinvasion der Sporozoiten in die Speicheldrüsen der Mücke und Hepatozyten des Säugetiers ist. Damit konnte erstmals neben dem Invasin TRAP ein weiteres Parasiten-Gen beschrieben werden, das zentrale Sporozoiten-Funktionen vermittelt.
Das Humane Immundefizienz-Virus (HIV) ist der Auslöser des erworbenen Immundefizienz-Syndroms (acquired immune deficiency syndrome, AIDS). HIVInfektion, weltweit eine der problematischsten Infektionskrankheiten, betrifft etwa 40 Millionen Menschen und tötet schätzungsweise 3 Millionen Menschen jährlich. Obwohl die Behandlung von HIV-Patienten heute möglich ist, gibt es weiterhin keinen Impfschutz und keine Heilung. Mit der vorliegenden Arbeit habe ich Zellbiologie und Virologie vereint, um mittels quantitativer Elektronenmikroskopie (EM) neue Einblicke in die HIV-Infektion zu gewinnen. Im ersten Teil habe ich die Verteilung eines zellulären, ESCRT benannten, Proteinkomplexes analysiert. ESCRT ist essentiell für die Freisetzung von HIV aus infizierten Zellen und spielt sowohl beim Sortieren von Proteinen in die internen Vesikel eines multivesikulären endosomalen Kompartiments (multivesicular body, MVB) als auch bei der Bildung dieser Vesikel eine Rolle. ESCRT fand sich im gesamten endosomalen System einschliesslich der Plasmamembran, und war besonders an tubulär-vesikulären endosomalen Membranen, aber nicht an MVBs, angereichert. Entgegen der Erwartungen führte HIV-Infektion nicht zu einer Umverteilung von ESCRT zu den Orten der Virusfreisetzung aus Zellen, der Plasmamembran in primären humanen T Zellen bzw. Endosomen in Makrophagen. In T-Zellen fand sich mehr ESCRT an der Plasmamembran als in Makrophagen, was darauf hindeutet, dass endogene ESCRT Mengen für die HIV-Freisetzung hinreichend sind. Die Ergebnisse weisen auch auf eine bisher unbekannte Rolle von tubulär-vesikulären endosomalen Membranen bei der Funktion von ESCRT hin. Im zweiten Teil habe ich den Ort der HIV-Freisetzung aus infizierten Makrophagen mittels EM untersucht. Neuere Studien wiesen darauf hin, dass neu gebildete HIV-Partikel in die Endosomen infizierter Makrophagen entlassen werden und somit in intrazellulären Speichern akkumulieren, die die Heilung infizierter Patienten erschweren könnten. Übereinstimmend mit bekannten Daten zeigte unsere EM-Analyse von Makrophagen, dass Viren in grossen, intrazellulären Vakuolen akkumulierten. Eine Methode zur eindeutigen Unterscheidung von endosomalen Membranen und der Plasmamembran offenbarte aber die komplexe Morphologie der Plasmamembran mit vielen Aus- und Einstülpungen. In diesen tiefen Einstülpungen, die nicht von endosomalen Membranen, sondern von der Plasmamembran begrenzt werden, wurden Viruspartikel freigesetzt und angehäuft. Dieses Ergebnis eröffnet einen neuen Blickwinkel auf die HIV-Infektion von Makrophagen, besonders deren mögliche Rolle bei der Persistenz von Viren. Zusammenfassend haben diese Daten eine wichtige Bedeutung hinsichtlich der scheinbar zentralen Rolle von MVBs/Endosomen bei der HIV-Freisetzung als auch der Rolle von ESCRT bei deren Bildung.
Das Hepatitis-B-Virus der Ente (DHBV) zählt zur Familie Hepadnaviridae, einer Gruppe umhüllter DNA-Viren, die sich durch eine enge Wirts- und eine vorwiegend auf Hepatozyten beschränkte Gewebespezifität auszeichnen. Diese doppelte Restriktion im Tropismus wird in erster Linie durch die frühen Schritte des viralen Lebenszyklus bestimmt: (i) die Bindung des Virions an Rezeptormoleküle auf der Oberfläche der Wirtszelle, (ii) die endozytotische Aufnahme in die Zelle und (iii) die anschließende Membranfusion, die zur Freisetzung des Nukleokapsids in das Zytoplasma führt. DHBV kann sowohl in vivo in der Pekingente als auch in vitro in primären Entenhepatozyten (PDH) leicht propagiert werden und stellt deshalb ein unverzichtbares Modellsystem dar, die frühen Schritte der hepadnaviralen Infektion zu entschlüsseln. Eine essentielle Funktion hierbei wohnt der preS-Domäne des großen viralen Hüllproteins inne. Als zellulärer preS-Interaktionspartner ist die Carboxypeptidase D der Ente (dCPD) beschrieben. Sie bindet in einem ungewöhnlichen 2-Stufen-Mechanismus zunächst mit niedriger Affinität an einen Bereich innerhalb von preS (AS 86 - 115), der eine amphipathische alpha-Helix umfasst, und dann linear fortschreitend an N-terminal davon gelegene Aminosäuren (AS 30 - 85), woraus sekundär ein hochaffiner Komplex resultiert. Um die funktionelle Bedeutung der Interaktion von preS mit dCPD zu untersuchen, wurden Punktmutationen in die alpha-Helix eingeführt, die entweder zur Änderung der Ladungsverteilung oder der Aufhebung der strukturellen Integrität führten. Der Phänotyp dieser preS-Mutanten wurde biochemisch bezüglich der dCPD-Bindefähigkeit charakterisiert: während die Änderung der Amphipathizität ohne Auswirkung blieb, führte die Störung der Helixstruktur zu einer drastischen Reduktion oder zu einem vollständigen Verlust der dCPD-Interaktion. Der Verlust der dCPD-Bindekompetenz war streng korreliert mit einer Aufhebung der Infektiosität der entsprechenden Viren auf PDHs. Erstaunlicherweise wurden diese Defektmutanten unvermindert von Hepatozyten gebunden und internalisiert. Diese Ergebnisse bestätigen die essentielle Funktion der dCPD bei der DHBV-Infektion, sprechen aber gegen eine Rolle als exklusiver Binde- und Aufnahmerezeptor. Synthetische myristoylierte Peptide, die den N-Terminus des preS (AS 2 - 41) umspannen, kompetitieren äußerst effizient mit der DHBV-Infektion. Um den hierbei adressierten Schritt beim Viruseintritt näher zu definieren, wurden gegen die Peptide gerichtete Antikörper generiert. Diese konnten sowohl virale Partikel präzipitieren als auch ihrerseits selbst die Infektion blockieren, obwohl das von ihnen erkannte Epitop (AS 12 - 23) nicht mit der dCPD-Binderegion überlappt und in vitro keine Interferenz mit der dCPD-Interaktion nachweisbar war. Hieraus lässt sich folgern, dass der N-terminale preS-Bereich einen distinkten Schritt beim Viruseintritt vermittelt, der von der preS-dCPD-Komplexbildung funktionell klar abgrenzbar ist In DHBV-infizierten Entenlebern findet sich regelmäßig eine verkürzte Variante des großen viralen Hüllproteins. Durch die massenspektrometrische Analyse dieser Variante konnte eine putative Proteaseschnittstelle in der preS-Domäne unmittelbar nach den Argininen an Position 71 und 72 identifiziert werden. Der Austausch beider Aminosäuren führte zu einem vollständigen Verlust der Infektiosität ohne die Bindefähigkeit an dCPD und Hepatozyten zu beeinträchtigen. Dieser Befund impliziert eine proteolytische Prozessierung des großen Hüllproteins als notwendigen Teilschritt des Eintrittgeschehens. Aus den erhobenen Daten lässt sich ein mehrstufiges Modell des Eintritts von DHBV in die Wirtszelle ableiten. Das Virus bindet zunächst an einen bislang unbekannten Faktor auf der Hepatozytenoberfläche. Nach der Internalisierung erfolgt obligat der preS-abhängige Transfer auf dCPD. Die postulierte proteolytische Prozessierung könnte anschließend zur Freisetzung eines fusiogenen Peptids führen, dessen Aktion durch die homologen synthetischen Peptide inhibiert wird.
Plasmodium-Parasiten durchlaufen einen komplexen Lebenszyklus in zwei Wirten und müssen jeweils spezifisch verschiedene Zelltypen invadieren. In Sporozoiten und Ookineten konnten Mitglieder der TRAP-Familie als Invasine charakterisiert werden. Im Gegensatz dazu ist das Protein, das den Eintritt der Merozoiten in die Erythrozyten vermittelt, noch nicht bekannt. Die Merozoiten-Invasion verläuft in mehreren Schritten, die aus einer reversiblen Adhäsion, einer Re-Orientierung des apikalen Pols, einer irreversiblen Adhäsion begleitend mit der Ausbildung einer elektronen-dichten Verbindung (tight junction) und dem Eintritt der Parasiten in die Wirtszelle bestehen. Es konnten zwar Proteine des Parasiten identifiziert werden, die bei der Erythrozyten-Invasion beteiligt sind, jedoch ist deren direkte Funktion bei der aktiven Invasion weitgehend ungeklärt. Proteine der TRAP-Familie übertragen eine extrazelluläre Bindung an ein Substrat oder Rezeptor an die Motormaschinerie des Parasiten, wodurch dieser aktiv in die Wirtszelle eindringen kann. Datenbankanalysen zeigten, dass im Genom von P. falciparum ein weiteres Protein zu finden ist, das die charakteristischen, strukturellen Merkmale von Invasinen der TRAP-Familie aufweist. Dieses Protein, TLP1 (TRAP-like protein 1), besitzt extrazellulär zwei von Willebrand A-Domänen die durch einen TSR (thrombospondin typeI repeat) voneinander getrennt werden, eine Transmembrandomäne und eine kurze zytoplasmatische Domäne, die durch eine Ansammlung negativer Aminosäure-Reste und ein konserviertes C-terminales Tryptophan gekennzeichnet ist. TLP1 ist in den Blutstadien exprimiert und ist während des asexuellen Wachstums in späten Schizonten angereichert. Ein charakteristisches Merkmal ist eine stadien-spezifisch essentielle Funktion der TRAP-Proteine. Dies trifft auch für TLP1 zu. Mit Hilfe der reversen Genetik konnte gezeigt werden, dass TLP1 für die Blutstadien-Entwicklung des Parasiten notwendig ist. Die zytoplasmatische Domäne (CTD) von Invasinen der TRAP-Familie wird durch Aldolase-Tetramere mit dem Aktin-Myosin-Motor verbunden. Mit Hilfe von in vitro-Bindungsstudien konnten wir zeigen, dass auch die Carboxy-terminale Domäne von TLP1 mit Aldolase interagiert. Ein wichtiger funktioneller Test für eine direkte Funktion in der Invasion sind in vivo-Komplementations-Studien, in denen gezeigt wird, ob die essentielle Funktion der zytoplasmatischen Domäne von TRAP durch orthologe Regionen von Kandidaten-Proteinen ersetzt werden kann. Die zytoplasmatischen Domänen von TLP1 und von CTRP, dem beschriebenen Ookineten-Invasin, können die TRAP-CTD-Mutante partiell retten. Mit diesem Ansatz konnte desweiteren EBA175, das in der Literatur als TRAP-Paralog in Blutstadien postuliert wurde, ausgeschlossen werden. Zusätzlich konnte MTI-1, ein weiteres in der Datenbank identifiziertes TRAP-ähnliches Protein, durch diese funktionelle Charakterisierung von dieser Invasin-Familie getrennt werden. TLP1 erfüllt somit die Kriterien eines Invasins der TRAP-Familie in Blutstadien. Zusammen mit weiteren Merozoiten-Oberflächenproteinen könnte TLP1 die Translokation der Verbindung zwischen Parasiten- und Wirtszellmembran (tight junction) ausführen und somit die Invasion der Merozoiten in Erythrozyten vermitteln.