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Charakterisierung von Inzisionsschmerz bei Patientinnen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung mittels Psychophysik und funktioneller Magnetresonanztomographie

Schloss, Natalie Alexandra

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Abstract

Der Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) liegen Regulationsstörungen im Bereich des Emotions- sowie Affektverhaltens zugrunde, welche von den Betroffenen selbst als sehr quälend erlebt werden und zu einer hohen inneren Anspannung führen. Diese resultiert bei 80–90% in einem nicht-suizidalen selbstverletzenden Verhalten (NSSV), wobei von den meisten Patientinnen das „sich Schneiden“ präferiert wird. Es konnte bereits in mehreren Studien belegt werden, dass BPS-Patientinnen ein reduziertes Schmerzempfinden im Vergleich zu gesunden Kontrollprobandinnen aufweisen. Allerdings wurden hierfür chemische, elektrische, thermische und leichte mechanische Stimuli genutzt. Auch mittels Bildgebung konnten neurobiologische Korrelate einer veränderten Schmerzwahrnehmung in BPS detektiert werden, u.a. eine Deaktivierung der Amygdala durch einen Hitzeschmerzreiz, während dem gegenübergestellt eine verstärkte Aktivierung der Amygdala unter Normalbedingungen und/oder unter emotionaler Anspannung gefunden wurde. Die erste fMRT-Studie, die eine echte Stichinzision untersucht hat, konnte einen vermehrten Abfall der Amygdala-Aktivierung in BPS zeigen.

Mithilfe der hier vorliegenden Studie wurde erstmalig bei BPS-Patientinnen eine Inzision mit einer nicht-invasiven Klinge – der „Blade“ (4096 mN) – die bereits in einer Studie mit gesunden Probandinnen verwendet wurde, verglichen (1. Teil), um mit diesem im MRT mehrfach anwendbaren Schmerzstimulus Unterschiede der Aktivierungen (sub-)kortikaler Regionen bei BPS mit NSSV aufzudecken (2. Teil). Als gut etablierter Kontrollreiz bat sich ein Hitzereiz mittels Thermode an. Es wurden 22 Patientinnen mit akuter BPS, die NSSV mit Gewebeverletzung innerhalb der letzten 6 Monate angaben, eingeschlossen. Hiervon eigneten sich 20 der 22 BPS-Datensätze, welche mit denen 20 gesunder Kontrollprobandinnen (GK) verglichen wurden.

Im 1. Teil der Studie konnte die „Blade“ während einer Applikation von 7 Sekunden in beiden Gruppen eine vergleichbare Schmerzintensität hervorrufen wie die Stichinzision mittels Skalpell. Es fanden sich jedoch Unterschiede in Dauer und Qualität. Insgesamt fanden sich keine signifikanten affektiven Deskriptoren sowie eine signifikant geringere Bewertung der Blade (4096mN, 1s) als „spitz/scharf“ in der BPS-Gruppe als in der GK-Gruppe. Zusätzlich wurden Serien unterschiedlich starker Stufen von nicht-nozizeptiven phasischen (mechanisch und thermisch) Stimuli (je 1 Sekunde) dargeboten und eine geringere Schmerzsensitivität in der BPS-Gruppe bei intaktem sensorischen Empfinden vermutet. Wie erwartet zeigten sich signifikant geringere Bewertungen in der BPS-Gruppe für die stärkeren Stufen der phasischen non-invasiven Schmerzstimuli. Für die leichten Intensitäten der verwendeten Reize sowie für nichtschmerzhafte taktile und thermische Kontrollstimuli zeigten sich keine Gruppenunterschiede, was auf eine intakte sensorische Integration nicht-schmerzhafter Reize schließen lässt.

Am 2. Untersuchungstag wurden während der fMRT-Untersuchung Blade- und Hitzereize, die individuell ermittelt der Blade-Schmerzhaftigkeit entsprachen, dargeboten. Beide Stimuli konnten in beiden Gruppen Aktivierungen in Arealen der Schmerzmatrix hervorrufen (u.a. in der Inselregion). Erst bei Verringerung des Signifikanzniveaus ließen sich Gruppenunterschiede in Bereichen des frontalen Cortex, des Brodmann-Areals (BA) 48 und des Cerebellums detektieren. In ausgewählten ROI-Analysen zeigte sich signifikant weniger Aktivierung in BPS in den Regionen Amygdala, Hippocampus, Thalamus sowie präfrontalen Regionen nach Hitze-, jedoch nicht nach Bladestimulation. Da es sich hierbei um Anteile des medialen Schmerznetzwerks handelt, lässt sich eine veränderte affektiv-motivationale und kognitiv-evaluative Schmerzverarbeitung bei BPS vermuten. Es fanden sich zudem deutlich weniger Bewertungen der Schmerzreize auf affektiver Ebene sowie eine geringere Einschätzung der empfundenen Schmerzen als „unangenehm“ in der BPS-Gruppe. Die sowohl hier gefundene geringere Aktivierung der Amygdala nach Hitzeschmerzreiz als auch der in anderen Studien gezeigte Abfall der Amygdala-Aktivierung nach Inzision oder Hitze lassen sich als mögliche durch Schmerzen ausgelöste Verstärkung der Inhibition der sonst hyperaktiven Amygdala als Korrelat der Emotionsdysregulation bei BPS-Patientinnen deuten.

Die Ergebnisse dieser Studie legen nahe, dass die „Blade“ auch bei BPS-Patientinnen als scharfer mechanischer Reiz ein vergleichbares Schmerzerlebnis wie eine echte Stichinzision hervorrufen und zudem repetitiv im MRT verwendet werden kann. Damit können der BPS zugrundeliegende Pathomechanismen aufgedeckt werden, um neue therapeutische Ansatzpunkte zu bieten. Als weitere Möglichkeit könnte sie in Neurofeedback-Studien mit BPS Verwendung zur Erlernung der Regulation der (De-) Aktivierungen bestimmter Gehirnareale auch ohne Schmerzreiz finden, um eine vorhergehende emotionale Anspannung zu reduzieren. Zudem kann sie hilfreich sein, ein besseres Verständnis über andere NSSV-Patientenkollektive, schmerzassoziierte Erkrankungen oder bei postoperativen Schmerzen zu erlangen.

Document type: Dissertation
Supervisor: Baumgärtner, Prof. Dr. Ulf
Place of Publication: Heidelberg
Date of thesis defense: 7 December 2020
Date Deposited: 05 Mar 2021 14:42
Date: 2021
Faculties / Institutes: Medizinische Fakultät Mannheim > Zentrum für Biomedizin und Medizintechnik (CBTM)
DDC-classification: 610 Medical sciences Medicine
Controlled Keywords: Schmerz, Borderline-Persönlichkeitsstörung, Bildgebendes Verfahren, Funktionelle Kernspintomografie
Uncontrolled Keywords: funktionelle Magnetresonanztomographie, fMRT, Selbstverletzendes Verhalten, BPS, Bildgebung
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