TY - BOOK TI - Kirchenburgen (sowie Wehrkirchen, Pfleghöfe und befestigte Klöster) in Baden Württemberg (und Umgebung). Teil 3. Darstellung des erhaltenen Bestandes im Jahre 2010 ID - artdok1452 KW - Kirchenburg AV - public N2 - Ursprünglich sollte die Photodokumentation des Teil III den ganzen ?Rest? Baden-Württembergs in den bisher noch nicht erfassten Bereichen beinhalten. Es ergab sich aber im Laufe des Jahres bei der Umsetzung eine solche Fülle von Material, das wir nicht umhin kamen, das verbleibende Gebiet zu teilen ? es wird also noch einen Teil IV geben, der dann Baden-Württemberg abschließt. Der Teil III der Photodokumentation erbrachte eine Reihe neuer Variationen der Kirchenburgen. Wir fanden auch neue, bisher nicht mehr erhaltene Beispiele von Toranlagen, bei denen man schon von Torburgen sprechen kann, um nur einen Themenpunkt als Beispiel zu nennen. Besonders im Kreis Alb-Donau, dem einstigen Gebiet der freien und Reichsstadt Ulm ist eine hohe Konzentration an Anlagen aufzufinden, die zum einen von der freien Reichsstadt selbst angelegt wurden um ihr expandierendes Gebiet zu sichern, zum anderen aber wurden auch die Ortskirchen von Ortschaften von Adeligen, die selbige der Reichsstadt überschrieben und als Bewaffnete daselbst in ihre Dienste traten, nachträglich befestigt. Der ?Große Wurf? gelang der Reichsstadt, als schließlich einer ihrer Hauptgegner, die Grafen von Helfenstein, innerhalb von zwei Generationen sich total überschuldeten und schließlich auf Kaiserlichen Geheiß zur Deckung ihrer Schulden den überwiegenden Teil ihres enormen Gebietes an den Gläubiger abtreten mussten: An die freie und Reichsstadt Ulm. Doch das mächtige Ulm sollte nicht ungeschoren bleiben: Im 15. Jahrhundert flammten die Auseinandersetzungen wieder auf ? aus einer anderen Richtung, aber nicht minder heftig: Der Markgraf von Ansbach machte brennend und zerstörend von sich reden ? und die Reichsstädte schlugen zurück. Ausgetragen wurde dies ? wie auch in den bisherigen Gebieten ? auf den Schultern des ?kleinen Mannes?, der leibeigenen Bauern und deren Familien. Signifikant ist eine Zunahme von Neubefestigungen ab der Mitte des 15. Jahrhunderts festzustellen, zuletzt gründete man neue Kirchen sogar wieder mit massiven Chortürmen, die denen der spät-romanischen Zeit glichen: Einheitlich, mit massiven Mauern, als Kampfplattformen. Doch wie zum Trotz sollte all dies beinahe vergeblich sein: Im Jahre 1462 zieht Herzog Ludwig von Bayern aus dem Raume Ansbach gegen das Gebiet der freien und Reichstadt Ulm: Mit rund 10000 Mann legt er 30 Dörfer und Städte ?in Grund und Boden?. Und doch haben Teile und Reste von Anlagen überlebt. Was mögen sich für Szenen abgespielt haben ! Im benachbarten Kreis Biberach geschah gleiches ? doch hier findet man überwiegend spärliche Reste: Viel später schlug etwas zu, das weit stärker als kriegerische Zerstörungen war: Menschliche Ignoranz vor der Geschichte. Was Jahrhunderte und Kriege mehr oder weniger überdauert hatte, wurde im ?Zeitalter des Barock? derartig überformt, das man davor steht und das Alter eines einst mit Buckelquadern aufgeführten Turmes nicht mehr erkennt. Ohne die Unterstützung durch die Literatur hätte man das wenig Chancen. Literaturrecherchen sind deshalb ein eigenes Kapitel im Teil III. Sie können sehr wertvolle Hinweise auf Vergangenes geben, wenn zur Zeit ihrer Erstellung man sich der Geschichte erinnerte. Besonders wird dies in den Kreisen Karlsruhe und Rastatt deutlich. Auch hier gab es Auseinandersetzungen, mehr zwischen dem Klerus und dem Adel denn mit Reichsstädten. Doch wer auch immer gegen wen kämpfte, angeführt von den Adeligen mit ihren reisigen Knechten bestand die Masse der ?für die gerechte Sache? kämpfenden aus den leibeigenen Bauern der Ortschaften. Oft kämpften auch hier die Bewohner von Nachbarorten gegeneinander. Man konnte allerdings nicht so sehr davon schreiben, das Freunde gegeneinander kämpften, denn lag der Nachbarort auf einem anderen Territorium, dann durfte man ohnedies nicht ohne Erlaubnis des adeligen (oder geistlichen) Herren dorthin gehen. Wie dem auch sei, auch hier überstanden viele Anlagen die unruhigen Zeiten, einschließlich des 30jährigen Krieges relativ gut. In letzterem waren sie vielerorts , selbst im 17. Jahrhundert, die einzige Zufluchtsmöglichkeit der Ortsbevölkerung, wenn plündernde Streifscharen durch das Dorf zogen. Sein Leben verlor man bei solchen ?Gelegenheiten? meist immer, aber man hatte die Möglichkeit, sich aus der Kirchenburg heraus so ?teuer? wie möglich zu verkaufen. Doch all die Greul dieses Krieges wurde im wahrsten Sinne des Wortes ?in den Schatten gestellt? von der Furie, die ab dem Ende des 17. Jahrhunderts auf dem Fuße folgte: Die gemeinhin als Reunionskriege bekannten Auseinandersetzungen (ich gebrauche diesen manchmal als ?Verallgemeinernd? bezeichneten Terminus ? denn auch die sogenannten ?Städtekriege?, ebenfalls ein stehender Begriff, sind genauso ein ?Sammelbegriff? für eine Sache, eine Zeitperiode. So auch hier, beginnend mit dem Pfälzischen Erbfolgekrieg, überzogen französische Heere für mehr als 50 Jahre die Gegend mit Feuer, Schrecken und Tod. Und die vielen sinnlosen Zerstörungen, die dabei getroffen wurden, trafen nun auch, wie viele Orte, die in ihnen liegenden Kirchenburgen (lediglich solche, die am Ortsrand lagen, kamen manchmal etwas glimpflicher davon). So verwundert es nicht, das es hier einen relativ geringen ?Erhaltungszustand? gibt. Zum Schluß des Teil III sehen wir auch eine Statistik, einen Überblick über den Erhaltungszustand der bisher im Rahmen der Teile I ? III besuchten Anlagen, eine erste Bestandsaufnahme basierend auf der ?Grundgesamtheit?. Und wird werden, bezugnehmend auf die Literatur Recherche, einen Ausblick in das Jahr 2011 machen, um zu sehen, welche ?potentiellen Ziele? sich in der Praxis der Photodokumentation noch und in welchem Zustand erhalten haben. Ach ja ? es heißt der Titel diesmal ja ?In Baden-Württemberg? (und Umgebung): Einen Ausflug machen wir gleich zu Beginn nach Norden, also ganz entgegengesetzt zur sich nach Süden bewegenden Hauptrichtung. Denn im Norden von Baden-Württemberg beginnt der ?Odenwald?, und zieht sich über Hessen und Teile von Bayern (Franken) dahin. Und was wir hier, direkt vor unserer Haustür, bei unseren Streifzügen fanden ist so beeindruckend, das es einfach aufgenommen werden muss: Auch der Odenwald hat seine Kirchenburgen ! Anlagen, die zum Teil tief in die romanische Zeit zurückgehen, in eine Zeit, als das zu karolingischer Zeit gegründete Kloster Lorsch wahrhaft den Odenwald ?beherrschte?. Doch auch hier gab es Neider, mächtige ihrer Art, und in dem Machtvakuum nach dem Fall des Klosters brachten gewissermaßen ?Erbfolgekriege? auf breiter Basis los ? interessanter weise auch ab dem späten 13. Jahrhundert ? und sie zogen sich bis in die Zeit der Bauernkriege dahin. So hat denn auch der Odenwald mit seinen ?Oden? (=Sagen) einiges in dieser Hinsicht zu erzählen, auch heute noch ! Y1 - 2010/// A1 - Pietschmann, Dieter-Robert UR - https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/1452/ ER -