%0 Journal Article %A Michael, Meinhard %D 2018 %F artdok:6168 %R 10.11588/artdok.00006168 %T Bestrafter "Geldwechsler" ohne Maß und Verstand? "Discretio spirituum" und der "Goldene Brief" als Methode und als Quelle im "Garten der Lüste" von Jheronimus Bosch %U https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/6168/ %X Der Aufsatz empfiehlt sich eher Lesern, denen die Grundlagen meiner Erklärung des Gartens der Lüste bekannt sind (Traum, Verhaltensgebot, Sinnenstruktur, Zeitdimension). Die Erörterung der Unterscheidung der Geister, discretio spirituum, nicht zuletzt in der Adaption im Goldenen Brief des Wilhelm von Saint-Thierry, erklärt wichtige Details des Bildes besser als bisher. Zunächst wird rekapituliert, wie kardinale Szenen des Bildes im Vordergrund appellieren, Maß zu halten und sich richtig zu entscheiden. Anschließend wird skizziert, wie discretio spirituum im Lüste-Garten zu kalkulieren ist, zum Beispiel als Schlüsselmotiv raptus, als vollständiges Ergriffensein von Gott. Der Moment der Vision ist äußerst kurz und vom Wechsel zwischen Anwesenheit und Abwesenheit Gottes gekennzeichnet (vicissitudo), wie im nur kurzen Aufbrechen des Reiterkreises im Garten der Lüste angelegt ist. Der Goldene Brief von Wilhelm von St. Thierry wird als Anregung für das Bild stärker gewichtet; vielleicht stammt sogar die Grundidee für das Bild daher, indem bei der Zerstreutheit in weltlichen Angelegenheiten, bei der "Vielfältigkeit der Welt", bei "variedad del mundo" – wie später der erste Katalogeintrag des Bildes im Prado lautet – angeknüpft wurde. Im Lichte des Briefes ist die bisherige Erklärung des Verhaltensgebotes zu korrigieren. Damit wird eine bildliche und erzählerische Logik zwischen zwei gebeugten Männern im Verhaltensgebot und den beiden behaarten Frauen vor und in der Höhle offenbar. Weiterhin wird erörtert, ob das "Leitmotiv" der Unterscheidung der Geister, die als Herrenwort gehandelte Aufforderung "Werdet kundige Geldwechsler!" zur Wahl des "bestraften Geldwechslers" als Baum-Mensch in der Hölle geführt haben könnte. Schließlich wird gefragt, ob die Unterscheidung der Geister die Bildstruktur des Vordergrundes im Mittelbild angeregt hat. Denn ein ähnliches System von Dreiecken liegt in einer auf älteren Quellen beruhenden Hieroglyphie des 16. Jahrhunderts zugrunde, als dort die Welt der Dämonen geordnet wird – und die Dämonen zu entlarven war vornehmste Aufgabe der discretio spirituum. Abschließend erfolgt eine Rekapitulation auch mit Blick auf meine zuvor veröffentlichten Aufsätze über den Garten der Lüste.