title: Paolo Veroneses sog. "Gastmahl im Hause des Levi." : Wiederentdeckung des Gemäldes ; auf den Spuren von Maria Elena Massimi creator: Fassbinder, Horant subject: ddc-750 subject: Painting subject: Italy subject: Artists, Architects subject: Iconography subject: Painting subject: Massimi, Maria Elena subject: Veronese, Paolo / Gastmahl im Hause des Levi subject: Christliche Kunst subject: Ikonographie description: 2004/2005 und ausführlicher 2011 hat Maria Elena Massimi eine umfassende Untersuchung zum sog. „Gastmahl des Levi“ von Paolo Veronese, heute in den Gallerie dell‘Accademia in Venedig, vorgelegt, das meist als „Letztes Abendmahl“ gilt. Die Autorin analysiert zum ersten Mal Gesten, Mimik und sozialen Status sämtlicher Personen am Tisch mit dem Ergebnis, dass dem Bild nicht die biblischen Berichte vom Letzten Abendmahl zugrunde liegen, sondern das „Gastmahl im Hause des Pharisäers“ nach Lukas 11,37-53. Diese Bibelstelle galt schon seit den Kirchenvätern als Predigt Christi über die Guten und die Schlechten Hirten, letztere vertreten durch den gastgebenden Pharisäer und einen Schriftgelehrten. Christus macht beiden heftige Vorwürfe wegen ihres Kampfes um Ansehen, Macht und Reichtum und ihrer fehlenden Liebe zu den Mitmenschen. Veronese visualisiert ihre negativen Eigenschaften sehr deutlich in seinem Bild, wobei er nur leicht verhüllt, dass der Pharisäer einen Kardinal und der Schriftgelehrte einen Bettelordensgeneral vertritt. Beide schlechten Prälaten wenden sich entschieden ab von Christus, der zusammen mit seinen Aposteln den „Guten Prälaten“ repräsentiert. Massimi zeigt, dass der venezianische Dominikanerkonvent der SS. Giovanni e Paolo das „Gastmahl beim Pharisäer“ 1571/72 für sein neues Refektorium in einer historischen Situation in Auftrag gab, in der Ordensspitze und Vatikan eine Reihe von Freiheiten bedrohten, welche die fratres bis dahin genossen hatten. Mit ihrem Refektoriumsgemälde tadelten sie unverblümt die ihnen übergeordneten Prälaten und erinnerten sie an ihre Verpflichtung, die ihnen Anvertrauten mit Liebe und Rücksicht zu behandeln, anstatt mit Drohungen und Gewalt. Wegen dieser öffentlichen Kritik am „Schlechten Prälaten“ - nicht, weil es ein Letztes Abendmahl darstellte - kam das Gemälde bzw. sein Autor vor das Inquisitionsgericht. Innerkirchliche Kritik an Kirchenführern passte nicht zum nachtridentinischen Narrativ einer unter Führung des Papstes geeinten und versöhnten Kirche. Um sein Werk vor Übermalung zu retten, gab Veronese es vor Gericht als „Letztes Abendmahl“ aus, bei dessen Darstellung er um der Pracht und Größe des Bildes willen zu künstlerischen Freiheiten gegenüber der traditionellen Ikonographie gezwungen gewesen sei. Er verlor den Prozess. Sein Bild wurde dennoch unverändert bewahrt, indem es in einer nachträglich aufgemalten Inschrift als „Gastmahl im Hause des Levi nach Lukas 5“ bezeichnet wurde. Dazu passte zwar nicht die Handlung, wohl aber das Bildpersonal so gut, dass das Thema bis zur Auffindung des Inquisitionsprotokolls im Jahre 1867 von niemandem in Frage gestellt wurde. Der glimpfliche Ausgang des Verfahrens gegen Veronese - sprich: gegen den Auftraggeber des Bildes - hatte eine historische Situation zur Voraussetzung, in der Kurie und Serenissima nach heftigen Differenzen um Wiederannäherung bemüht waren. Um Streit auf diesem Nebenschauplatz zu vermeiden, ließen sich Konvent und Serenissima auf einen „Kuhhandel“ mit der Inquisition ein. Das Bild erhielt den titulus, nach dem es noch heute heißt. Im Gegenzug konnten die Republik und der Konvent das Gemälde unverändert behalten. Es wurde fortan als „Gastmahl des Levi“ wahrgenommen. Aus der reformorientierten, ordens- und kircheninternen Wandel fordernden Szene wurde eine affirmative: Die von Christus geleitete Kirche ruft erfolgreich die Sünder zu sich. Massimis bisher außerhalb des italienischen Sprachraums kaum rezipierte Untersuchung wird hier in deutscher Sprache zugänglich gemacht, dem durch die Forscherin eingeschlagenen Weg folgend, doch mit eigenen Augen schauend und prüfend. Das abschließende Kapitel setzt sich mit Kritik an Massimis Ergebnissen auseinander. Dabei werden zusätzliche Argumente gewonnen zugunsten ihrer Wiederentdeckung des Gemäldes als „Predigt über die Guten und die Schlechten Hirten“. date: 2022 type: Article type: info:eu-repo/semantics/article type: NonPeerReviewed identifier: https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/7957/ format: application/pdf identifier: https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdokhttps://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/7957/1/Fassbinder_Paolo_Veroneses_sog_Gastmahl_im_Hause_des_Levi_2022.pdf identifier: urn:nbn:de:bsz:16-artdok-79573 rights: info:eu-repo/semantics/openAccess language: ger