%0 Generic %A Böhme, Kathleen %D 2010 %F heidok:10997 %K Nitrosodiethylamin , MethylmethansulfonatGenomics , Toxicology , Microarray , Genotoxicity %R 10.11588/heidok.00010997 %T Toxicogenomics: Genexpressionsanalysen zur Charakterisierung und Identifizierung genotoxischer Verbindungen %U https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/10997/ %X Die in vitro-Testsysteme der derzeitigen Standardbatterie für die toxikologische Charakterisierung genotoxischer Verbindungen, insbesondere die Tests an Säugerzellen, sind hoch sensitiv, besitzen aber eine geringe Spezifität. Dadurch wird die Ergebnisinterpretation und Extrapolation der humanen Gefährdung erschwert. Diese Schwierigkeiten, aber auch ökonomische und tierschutzbedingte Aspekte, indizieren die Entwicklung neuer spezifischer in vitro-Systeme. Das Ziel dieser Arbeit war es ein neues genomicsbasiertes in vitro-Testsystem für die Identifizierung mutagener und promutagener Verbindungen zu entwickeln. Im ersten Teil der Arbeit wurden HepG2-Zellen nach Behandlung mit den mutagenen Testsubstanzen Etoposid, Actinomycin D und Methylmethansulfonat über 6h, 24h und 48h mit Illumina HumanRef-8 BeadChip Arrays global profiliert. Für die Testsubstanzen konnten 66 unidirektional regulierte Gene identifiziert werden, welche in Signalwege, wie P53-abhängige Apoptose, Chromatinumbauprozesse und oxidativen Stress, involviert waren. Aufgrund der signifikanten P53-vermittelten DNA-Schadensantwort wurde die Bestimmung des Tumorsuppressors P53 als putativer Genotoxizitätsmarker evaluiert. Die Quantifizierung von aktiviertem P53 im Kernextrakt von HepG2-Zellen bestätigte eine signifikante Induktion von P53 bei allen untersuchten Mutagenen. Im nächsten Teil der Arbeit sollte das entwickelte Testsystem auf progenotoxische Substanzen erweitert werden. Eine besondere Herausforderung war es, die benötigte metabolische Aktivierung in vitro nachzustellen. Die Charakterisierung der Zelllinie HepG2 in Bezug auf ihre fremdstoffmetabolisierende Kompetenz zeigte, dass die Zellen über eine begrenzte metabolische Kapazität verfügen. Zur Ergänzung des zellulären Metabolismus wurde ein kombiniertes Zellkultursystem mit Rattenleber-S9-Fraktionen als System zur metabolischen Aktivierung (MAS) etabliert. Während Cyclophosphamid (CPA) nur in Anwesenheit von S9 einen Anstieg an aktiviertem P53 zeigte, konnte für 7,12-Dimethylbenz[a]anthracen (DMBA) und Aflatoxin B1 (AFB1) auch ohne MAS eine Induktion von P53 nachgewiesen werden. Um die metabolische Aktivierung dieser beiden Substanzen durch die HepG2-Zellen selbst zu bestätigen, wurden spezifische CYP-Enzyminhibitionstests durchgeführt. Eine Inhibition von zellulärem CYP3A4 oder CYP1A/1B1 führte zu einer verminderten AFB1- bzw. DMBA-vermittelten P53-Induktion. Dies indiziert, dass HepG2 die Fähigkeit besitzen, diese Substanzen CYP1A/1B1/3A4-abhängig zu metabolisieren. Nach den P53-Studien wurden globale Genexpressionsprofile mit Illumina BeadChips nach Behandlung der HepG2-Zellen mit den ausgewählten progenotoxischen Verbindungen CPA, AFB1, DMBA und Diethylnitrosamin (DEN) angefertigt und gemeinsam mit den Profilen der genotoxischen Testsubstanzen analysiert. Zur Evaluierung von Gemeinsamkeiten in den Genexpressionssignaturen dieser Verbindungen wurde ein computerbasiertes Klassifikationsmodell erstellt. Für das Modell wurde ein Trainingsdatensatz aus den (pro-)genotoxischen Substanzen sowie den beiden Negativkontrollen THEO und MET zusammengestellt. DEN wurde als „unbekannte“ Testsubstanz aus dem Datensatz ausgegliedert. Ein ANOVA-basiertes Ranking in Verbindung mit dem Support-Vektormaschinen (SVM)-Algorithmus mit dem Trainingsdatensatz ergab die beste Klassifikationsrate unter Verwendung der 91 top-rangierten Gene. Eine k-fache Kreuzvalidierung, welche anschließend zur Evaluierung der Prädiktivität des Klassifikationsmodells eingesetzt wurde, zeigte, dass alle als genotoxisch annotierten Substanzen auch korrekt eingeordnet worden. Mit dem erstellten Klassifikationsmodell wurde DEN als unbekannte Testsubstanz ohne die Zugabe von S9 als nicht-genotoxisch, in Anwesenheit eines metabolischen Aktivierungssystems hingegen als genotoxisch eingestuft. Insbesondere diese Daten bekräftigen die Verwendung von Genexpressionsmustern für das Screening genotoxischer Substanzen. DEN konnte in P53-Studien auch unter Zugabe von S9 keine signifikante Erhöhung an aktiviertem P53 bewirken, wurde aber anhand der Genexpressionsveränderungen nach metabolischer Aktivierung korrekt als genotoxisch eingestuft. Die Ergebnisse dieser Arbeit demonstrieren, dass (pro-)mutagene Verbindungen charakteristische Genexpressionsveränderungen in HepG2-Zellen induzieren. Die evaluierten 91 putativen Markergene können für die Identifizierung des genotoxischen Potentials unbekannter Substanzen herangezogen werden. Zudem konnte anhand der P53-Experimente gezeigt werden, dass mit Hilfe der Genexpressionsprofile neue Marker für genotoxische Substanzen entdeckt werden können, die ein schnelleres Screening ermöglichen.