title: Interkulturelle Aspekte von Schuldgefühlen und Depression : Ein Vergleich zwischen Deutschland und Chile creator: Conradi, Ania subject: 150 subject: 150 Psychology description: Hintergrund: Unangemessene Schuldgefühle stellen eines der definierenden Merkmale unipolarer depressiver Erkrankungen sowohl im Diagnostischen und Statistischen Manual (DSM-IV) der American Psychiatric Association (APA; dt. Übersetzung Saß, et al., 2003) als auch im Internationalen Krankheitsklassifikationssystem (ICD-10) der Weltgesundheitsorganisation (WHO; deutsche Übersetzung Dilling, et al., 2008) dar. Trotz der phänomenologischen Einigkeit zum Symptom Schuldgefühle bei Depressionen in den Diagnosesystemen ist die empirische Datenlage inkonsistent und teilweise widersprüchlich. Ferner mangelt es an Untersuchungen an klinischen Stichproben sowie der Untersuchung an den Mechanismen, die den Zusammenhang zwischen Schuldgefühlen und Depressionen empirisch begründen (Kim, et al., 2011). Ferner ist es allgemein akzeptiert, dass Scham und Schuld als soziale Emotionen in Abhängigkeit kulturvermittelnder Variablen variieren (Goetz & Keltner, 2007; Wong & Tsai, 2007). Häufig wurden bisher psychologische Unterschiede zwischen kulturellen Gruppen ausschließlich im Licht individualistischer und kollektivistischer Werte interpretiert, ohne diese parallel mitzuerheben. Dieses Vorgehen ist vielfach kritisiert worden (z.B. Fiske, 2002). Ziel dieser Arbeit war es daher, Schuldgefühle und ihre Rolle bei Depressionen zu untersuchen und potentielle Unterschiede im Schulderleben auf zentrale kulturelle Dimensionen zurückzuführen. Methode: Vor Durchführung der Hauptfragestellungen erfolgten theoretische und konzeptuelle Vorarbeiten. Dies beinhaltete unter anderem die Identifikation eines angemessenen Modells zur Schuld, die kulturell-sprachliche Adaptation des Schuld-Inventars nach Elison (2003) sowie die Entwicklung einer Kurzversion. Zur Beantwortung der zentralen Fragestellungen der Arbeit nahmen depressive Patienten und Kontrollpersonen aus Deutschland und Chile an einer Fragebogenuntersuchung teil. Es wurden Daten zur Depressivität, zum Schulderleben sowie hinsichtlich diverser kulturvermittelnder Variablen erhoben. Die Datensätze von 64 depressiven Patienten und 374 nicht-depressiven Kontrollpersonen gingen schließlich in die Analysen ein. Ferner wurde eine computerbasierte Untersuchung durchgeführt, um zu prüfen, ob sich unterschiedliche affektiv-kognitive Hybriden der Schuld identifizieren lassen. Ergebnisse: Es zeigte sich, dass in Chile sowohl stärker ausgeprägte interdependente und independente Selbstbilder als auch traditionellere Geschlechtsrollenideologien berichtet wurden. Chilenen kennzeichneten sich darüber hinaus durch eine stärkere familiäre Normgebundenheit als Deutsche. Chilenen berichteten zudem von stärkeren Schuld- und Schamgefühlen als Deutsche. Ferner zeigte sich, dass Unterschiede im Schulderleben bei Chilenen und Deutschen ausschließlich durch das interdependente Selbstbild vermittelt und vollständig aufgeklärt wurden. Demnach berichten Chilenen von stärkeren Schuldgefühlen, weil sie ein stärker ausgeprägtes interdependentes Selbstbild aufweisen. Die depressionsspezifischen Effekte waren bis auf eine Ausnahme vom kulturellen Kontext unbeeinflusst, was die Universalität des Störungsbildes unterstreicht. Hinsichtlich der Maladaptivität von Schuldgefühlen wurde festgestellt, dass Depressive im Vergleich zu Kontrollpersonen von stärkeren Schuld- und Schamgefühlen berichten. Das höhere Ausmaß an biographischen Schuldgefühlen ist ferner an konkrete Ereignisse gebunden, welche länger zurückliegen als bei nicht-depressiv Erkrankten. Depressive bewerten zudem ihr eigens Fehlverhalten als schwerwiegender, nehmen gleichzeitig an, dass Andere dies auch tun und ruminieren stärker über dieses Fehlverhalten. Die Untersuchung potentiell pathogener Mechanismen bei depressiven Schuldgefühlen zeigte, dass Unterschiede im depressionsspezifischen Schulderleben zwischen Depressiven und Kontrollpersonen vollständig auf ereignisbezogene Rumination und auf Schweregradeinschätzungen zum Fehlverhalten zurückgeführt werden konnten. Auf Grundlage der dritten explorativen Untersuchung konnten die zentralen Aussagen der facettentheoretischen Abbildung des Schulderlebens mehrheitlich belegt werden. Diskussion: Die Ergebnisse belegen, dass die gefundenen Unterschiede im Schulderleben in Deutschland und Chile vollständig auf Unterschiede im interdependenten Selbstbild zurückzuführen sind. Zudem legen die Ergebnisse nahe, dass das depressive Schulderleben in Chile und Deutschland kulturunabhängig durch ähnliche Mechanismen wie Rumination oder Katastrophisieren gekennzeichnet ist. Ferner konnte belegt werden, dass die facettentheoretische Definition der Schuld in der Untersuchung und Vorhersage von Schuldgefühlen, nicht jedoch zwangsläufig in der Art des Hybriden, eine größere Präzision als andere existierende Theorien erlaubt. Insgesamt bleibt es aber unklar, ob Schuldgefühle einen kausalen Faktor für Depressionen darstellen, oder ob stärkere Schuldgefühle das Resultat der Depression sind. date: 2011 type: Dissertation type: info:eu-repo/semantics/doctoralThesis type: NonPeerReviewed format: application/pdf identifier: https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserverhttps://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/12570/1/Conradi_DISS_FINAL_201110.pdf identifier: DOI:10.11588/heidok.00012570 identifier: urn:nbn:de:bsz:16-opus-125700 identifier: Conradi, Ania (2011) Interkulturelle Aspekte von Schuldgefühlen und Depression : Ein Vergleich zwischen Deutschland und Chile. 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