TY - GEN AV - public A1 - Kühn, Mario Andreas Y1 - 2013/01// TI - Die Genealogie der Moral im Hinblick auf die Lebensdienlichkeit als Forderung des allem zugrunde liegenden Willen zur Macht UR - https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/17550/ ID - heidok17550 N2 - Nietzsche schreibt eine Philosophie fu?r das Leben, eine Philosophie, die wie kaum eine andere das Leben als solches verehrt. Dabei bleibt Nietzsche Antimoralist, Antichrist und Gegner von Institutionen reaktiver Art, welche dogmatischen Anspruch auf Weisheiten zur Lebensfu?hrung erheben und einen Lebensweg fu?r alle gefunden zu haben vorgeben, weshalb Nietzsche aus Sicht dieser Institutionen als lebensfeindlich gelesen wird. Dabei beanspruchen sie, die gleiche Intention zu verfolgen wie Nietzsche: die Leiden an der Existenz zu verringern. Es wird sich zeigen, dass diese negative Haltung gegenu?ber Nietzsches Philosophie ihren Ursprung allerdings selbst in einer die Grundzu?ge des Lebens verneinenden, lebensfeindlichen Geisteshaltung hat und die daraus resultierende Moral das Werkzeug einer kollektiven Verneinung aller dem Leben an sich zu Grunde liegenden Elemente darstellt. Das Leben verehren bedeutet eben nicht die urspru?nglichen Triebe, die uns u?berhaupt erst lebensfa?hig machen, zu verneinen, sondern es als Ganzes mit all seinen Grausamkeiten und unmoralischen Auswu?chsen zu bejahen. Denn wie soll eine glu?ckliche, lebensbejahende Existenz mo?glich sein, wenn die Grundvoraussetzungen des Lebens geleugnet werden und die Mo?glichkeit einer freien, ausagierten Lebensweise durch moralische Zwa?nge verneint wird? Um aufzuzeigen, dass die eigentlich Lebensfeindlichen eben diejenigen sind, die ein Monopol der guten Lebensfu?hrung fu?r sich beanspruchen, mu?ssen die Urspru?nge der Moral detailliert und historisch betrachtet werden, um sie auf ihren wahren Entstehungsgrund zuru?ckzufu?hren. Das Anliegen der vorliegenden Arbeit ist die Herausstellung der Nietzsches Philosophie hauptsa?chlich zugrundeliegenden Lebensdienlichkeit, die am Ende keine abstrakte Verneinung der Moral darstellt, sondern z.T. sogar eine konkret ethische Ausgestaltung erfa?hrt. Er verneint nicht die ?negative? Seite des Lebens, sondern bringt beide widerspru?chlichen Seiten des Lebens mit seinem Theorem des Willens zur Macht auf einen gemeinsamen Nenner und versucht so eine Lebensweise zu entfalten, die allen Bedu?rfnissen des Lebens gerecht wird. Er verbindet Trieb und Vernunft, Frieden und Kampf, Verneinung und Bejahung zu einem ausgeglichenen Ganzen, worin die Ganzheit des Lebens eine optimale Ausgestaltung erfahren soll. Gegen die Moral heißt fu?r Nietzsche: fu?r das Leben. Die lebensbejahende Haltung ergibt sich bei Nietzsche aus der Konzeption des Willens zur Macht; die Genealogie der Moral ist das Werk Nietzsches, welches am konkretesten die herko?mmliche Moral hinterfragt, kritisiert, ihre Entstehung durch den Menschen ?4 begru?ndet und damit die Allgemeingu?ltigkeit dieser Werte negiert. Ich werde im Folgenden fu?r eine Interpretation argumentieren, die den Willen zur Macht als den meisten Hypothesen Nietzsches innerhalb der Genealogie zugrundeliegendes Element festmacht. D.h. alle in der Genealogie angesprochenen Vermo?gen, psychologische Mechanismen und Entwicklungsgeschehen sind reine Konsequenz des Willens zur Macht und ko?nnen, oft ohne dass dieser konkret angesprochen wird, auf den Willen zur Macht zuru?ckgefu?hrt werden. Diese Interpretation la?sst gleichzeitig die lebensbejahende Intention Nietzsches hervortreten, denn wo sich der Wille zur Macht zeigt, zeigt sich die Kraft des Lebens selbst. Der vorliegenden Arbeit wird dazu ausschließlich die zweite Abhandlung der Genealogie als prima?rtextliche Basis dienen, wodurch sie systematisch an meine vorherige Arbeit, in der die erste Abhandlung der Genealogie auf ebendiese Interpretation hin untersucht wurde, anschließt. Dadurch soll deutlich werden, dass der Wille zur Macht aus dem Inhalt der Genealogie selbst hervorgeht. Ich werde versuchen, die Machtmomente innerhalb der Genealogie hervorzukehren, dafu?r wiederholt Ru?ckbezu?ge zu Nietzsches methodischem Vorgehen und seinen philosophischen Grundkonzepten herstellen, um so die einzelnen Elemente der Genealogie in das Licht der Lebensdienlichkeit zu stellen, um sie als notwendigen Teil einer umfassenden Lebensphilosophie Nietzsches deutlich zu machen. Dabei werde ich u.a. die Entwicklung der genealogischen Methode durch Foucault heranziehen. Im Hinblick auf den Willen zur Macht und die dionysische Bejahung wird die von Deleuze vorgelegte Nietzsche-Interpretation an Bedeutung gewinnen und einen detaillierten Blick in die Systematik der Lebensbejahung ermo?glichen. Die vertiefte Auseinandersetzung mit ko?rperlichen Schmerzen, Strafverfahren und Unterdru?ckung werden sich dabei als unumga?nglich fu?r Nietzsches Anliegen herausstellen, denn er muss den Willen zur Macht gerade in den dem Leben augenscheinlich entgegenstehenden Machtmomenten aufzeigen, um die lebensfeindlichen Konsequenzen der Moral deutlich zu machen ? denn der Wille zur Macht zeigt sich gerade in einer Konfliktsituation, in der zwei Willen aufeinanderprallen. Es wird sich zeigen, dass Nietzsche den gattungsgeschichtlichen Prozess, aus dem ein Leiden am ?schlechten Gewissen? hervorgeht, gleichzeitig als notwendige Voraussetzung von Kultur und geistiger Entwicklung ansieht. Dadurch muss er den reaktiven Kra?ften, fast kontra?r zu seiner aggressiven Polemik, letztlich einen positiven Wert zugestehen. KW - ER -