TY - GEN UR - https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/24722/ ID - heidok24722 Y1 - 2018/// AV - public TI - Klima- und Vegetationsdynamik während des Marinen Isotopenstadiums 19 in Tenaghi Philippon (nordöstliches Griechenland) N2 - Seit der Intensivierung der Glazial-Interglazial-Zyklizität ab dem späten Pliozän reagierte das Klimasystem sehr sensibel auf Veränderungen in der Atmo-, Kryo- und Ozeanosphäre. Diese führten nicht nur zu ausgeprägten Klimaschwankungen über orbitalskalige Zeitintervalle, sondern resultierten auch in massiver kurzfristiger (d.h. jahrhundert- bis jahrtausendskaliger) Klimavariabilität. In Anbetracht des erheblichen Einflusses des Menschen auf das Klimasystem ist ein Verständnis dieser kurzzeitigen Klimavariabilität dringend erforderlich. Zeitlich hochauflösende Analysen des 1,35 Myr umfassenden Klima- und Vegetationsarchivs von Tenaghi Philippon (NE-Griechenland, NE Mittelmeerraum) können einen wichtigen Beitrag zu einem verbesserten Verständnis kurzzeitiger Klimavariabilität leisten. Das Marine Isotopenstadium 19 (MIS 19; 790?761 ka) ist hierbei von besonderem Interesse, da es als bestes orbitales Analogon des heutigen Holozän-Interglazials gilt. Die in der vorliegenden Arbeit durchgeführten Pollen- und Röntgenpulverdiffraktometrieanalysen des MIS-19-Interglazials von Tenaghi Philippon dokumentieren eine massive kurzzeitige Klimavariabilität. Die zeitliche Einordnung der Vegetationsveränderungen wurde durch magnetostratigraphische Methoden ermöglicht. Klimawechsel hin zu einem kalttrockenen Klima während zum Teil vollinterglazialer Bedingungen führten fünf Mal zu einer Kontraktion temperater Wälder und der Ausbreitung von Kältesteppen innerhalb weniger Jahrzehnte bis Jahrhunderte. Die Erholung der Wälder mit der Rückkehr warmgemäßigter Bedingungen erfolgte ähnlich abrupt. Ein Vergleich der Klima- und Vegetationsdynamik von Tenaghi Philippon mit Klimaveränderungen im Nordatlantik zeigt, dass die insolationsgetriebenen Temperatur- und Eisschild-Veränderungen der hohen nördlichen Breiten und des Nordatlantiks sowie Verschiebungen der Innertropischen Konvergenzzone die Klimavariabilität im nordöstlichen Mittelmeerraum steuerten. Die genannten Faktoren beeinflussten über die Klimasysteme des Nordatlantiks und der hohen nördlichen Breiten indirekt die Vegetation in Tenaghi Philippon. Bei einer starken ?bipolar seesaw? im Atlantik gelangten warmfeuchte Luftmassen über die Westwinde in den Mittelmeerraum und führten zu warmgemäßigten Phasen in Tenaghi Philippon. Demgegenüber sind ?ice-rafted debris events? im Nordatlantik synchron mit kalttrockenen Events in Tenaghi Philippon, da südliche Ausbrüche des Sibirienhochs gleichzeitig kalttrockene Luftmassen in die Mittelmeerregion leiteten. Eine Ausnahme repräsentiert das kalttrockene Event CDE-19/1, das als massives intra-interglaziales Event in Tenaghi Philippon während des MIS-19c-Interglazials nur ein schwach ausgeprägtes Analogon im Nordatlantik und im Mittelmeerraum besitzt. Die abnehmende boreale Sommerinsolation führte in diesem Zeitintervall zur Ausdehnung des Meereises und des Polarwirbels der hohen nördlichen Breiten. Während der Nordatlantik und der westliche Mittelmeerraum jedoch nur eine geringfügige Abkühlung verzeichneten, führten intensive Ausbrüche des Sibirienhochs zu kälteren und trockeneren Bedingungen in Tenaghi Philippon. In einer Gegenüberstellung der Pollendaten von MIS 19 und dem Holozän von Tenaghi Philippon wird deutlich, dass sich im derzeitigen Interglazial temperate Wälder deutlich stärker ausdehnten als während MIS 19. Dies spricht für lokal warmgemäßigtere Bedingungen und somit eine stärkere Intensität des Holozäns gegenüber MIS 19. Zudem unterscheidet sich das heutige Interglazial von MIS 19 durch das Fehlen von Analoga zum intra-interglazialen kalttrockenen Events CDE-19/1 während MIS 19c und zum kalttrockenen Event CDE-19/2, wie es das Ende von MIS 19c in Tenaghi Philippon markiert. Hätte das Holozän ein weniger warmgemäßigteres Klima ähnlich dem des MIS-19c-Interglazials charakterisiert, dann wäre bei einer Übereinanderlegung der Präzessions-Kurvenverläufe beider Zeitintervalle ein Äquivalent zum kalttrockenen Event CDE-19/2 vor ca. 1.600 Jahren eingetreten. Eine Ursache für das im Holozän humidere Klima und die deutlich schwächere kurzzeitige Klimavariabilität könnten die im Vergleich zu MIS 19 deutlich kleinerennördlichen Eisschilde des heutigen Interglazials sein, die möglicherweise aufgrund von Veränderungen in der Glazial-Interglazial-Zyklizität im Zuge der Mittelpleistozänen Übergangsphase und dem ?Mid-Brunhes Event? nicht die Größe des älteren Analogons erreichten. Abgesehen von den kleineren Eisschilden verhinderte auch die spätholozän ansteigende atmosphärische CO2-Konzentration das Kippen des Klimasystems und das Eintreten abrupter Klimavariabilität. A1 - Fischer, Tobias KW - Eastern Mediterranean Marine Isotope Stage 19 Millennial-scale climate variability Orbital Holocene analogues Terrestrial ecosystems Pollen ER -