title: DER SCHÖNE UND DAS BEEF : Ein Prototypenansatz zur Untersuchung des Fleischkonsums bei Männern creator: Nestor, Fabian subject: ddc-150 subject: 150 Psychology description: Der Konsum von Fleisch steigt weltweit an und bringt neben gesundheitlichen Risiken eine Vielzahl schwerwiegender ökologischer, ethischer und ökonomischer Folgen mit sich. Männer verzehren im Durchschnitt mehr als doppelt so viel Fleisch als Frauen. Dabei fällt insbesondere der Fleischkonsum junger Männer ins Gewicht. Fleisch spielt eine wichtige Rolle im männlichen Lifestyle und erste wissenschaftliche Befunde zeigen eine Verbindung zwischen Fleischkonsum und Männlichkeit. Bisher liegen nur wenige Studien mit vornehmlich kleinen Stichproben, korrelativen Designs und expliziten Selbstauskünften der Studienteilnehmenden vor. Zur Erklärung bestehender Geschlechtsunterschiede im Fleischkonsum durch die soziale Konstruktion von Geschlechterrollen, untersucht die vorliegende Dissertation anhand der Prototype-Matching Theorie nach Gibbons und Gerrard (1995) das Image eines prototypischen Fleischessers (F-Prototyp) sowie eines prototypischen Vegetariers (V-Prototyp). Dabei wurden die Bewertungen der Prototypen bezüglich der ihnen zugeschriebenen Maskulinität, Femininität, Günstigkeit, Positivität sowie sozialen und partnerschaftlichen Attraktivität erhoben. Dies geschah unter Berücksichtigung des biologischen Geschlechts der Studienteilnehmenden, ihrer Zustimmung zu traditionell männlichen Rollennormen sowie ihrer subjektiven Norm bezüglich des Fleischkonsums. Insgesamt wurden fünf Studien durchgeführt: Im Rahmen einer querschnittlichen, sowohl qualitativen als auch quantitativen, Pilotstudie (Studie 1, N = 209, 55 % Männer; 70 % Studierende; Alter: M = 23 Jahre) wurden per Paper-Pencil freie Assoziationen zum F- bzw. V-Prototyp erfasst. Diese wurden im Anschluss durch unabhängige RaterInnen in Hinsicht auf Maskulinität, Femininität und Valenz kategorisiert und auf Unterschiede sowie Zusammenhänge mit dem eigenen Ernährungsverhalten der Studienteilnehmenden überprüft. Insgesamt wurden von den Studienteilnehmenden 884 Merkmale genannt. Es zeigte sich, dass dem F-Prototyp am häufigsten Männlichkeit und körperbezogene Merkmale und dem V-Prototyp am häufigsten Weiblichkeit sowie umwelt- und gesundheitsbezogene Merkmale zugeschrieben wurden. Die Beschreibung eines F-Prototyps weist im Vergleich zum V-Prototyp signifikant mehr negative Merkmale und die Beschreibungen eines V-Prototyps signifikant mehr positive Merkmale auf. Die Anzahl der neutralen Merkmale unterscheidet sich in der Beschreibung der Prototypen nicht signifikant voneinander. Während die Valenz der Assoziationen zum V-Prototyp unabhängig von der eigenen Ernährung der Studienteilnehmenden ist, ging die Beschreibung des F-Prototyps in Einklang mit der Prototype-Matching Theorie bei VegetarierInnen mit mehr negativen Merkmalen einher als bei Studienteilnehmenden, die Fleisch aßen. In Studie 2 wurde die Erfassung der Prototypen über verbale Deskriptionen hinaus anhand von Fotografien um äußere Merkmale sowie bildliche Vorstellungen erweitert. Dazu wurden in einer Vorstudie (N = 30, 40 % Männer; 77 % Studierende; Alter: M = 23 Jahre) zunächst 39 Männer im Alter zwischen 20 und 30 Jahren als potentielle Stimulus-Personen fotografiert und in eine von drei Kategorien (typischer Fleischesser, typischer Vegetarier oder undifferenzierte Stimulus-Personen) eingeordnet. Die drei Fotografien mit den jeweils höchsten Werten für jede Kategorie wurden in der querschnittlichen, sowohl qualitativen als auch quantitativen, Online-Studie (Hauptstudie, N = 183, 46 % Männer; 76 % Studierende; Alter: M = 23 Jahre) verwendet. In dieser wurden die Prototypen in Bezug auf die ihnen zugeschriebenen Persönlichkeitsmerkmale sowie körperlichen Eigenschaften bewertet. Für die Persönlichkeitsmerkmale wurden zwei Bewertungsfaktoren identifiziert, hinsichtlich derer sich die F- und V-Prototypen signifikant unterscheiden. F-Prototypen zeigen höhere Werte auf dem Bewertungsfaktor MAS, der die Items maskulin, attraktiv und sportlich umfasst. V-Prototypen haben höhere Werte auf dem Bewertungsfaktor MUESIG, der die Items moralisch, umweltbewusst, ernährungsbewusst, sympathisch, intelligent und günstig beinhaltet. Hinsichtlich der körperlichen Merkmale beschrieben die Studienteilnehmenden F-Prototypen vermehrt als kräftig, muskulös und sportlich, V-Prototypen hingegen vermehrt als dünn, blass und brillentragend. Im Vergleich zu F-Prototypen wurden V-Prototypen als signifikant femininer sowie ernährungs- und umweltbewusster eingeschätzt. Studie 3 (N = 322, 26 % Männer; 80 % Studierende; Alter: M = 23 Jahre) untersuchte online mit einem experimentellen quantitativen Design die Auswirkungen einer Darstellung derselben Stimulus-Personen als Fleischesser bzw. Vegetarier bezüglich der ihnen zugeschriebenen Maskulinität, Femininität, Günstigkeit und sozialen Attraktivität. Als Fleischesser dargestellte Stimulus-Personen wurden von den Studienteilnehmenden maskuliner und als Vegetarier dargestellte Stimulus-Personen femininer wahrgenommen. Die Darstellung der Stimulus-Personen als Fleischesser bzw. Vegetarier hatte keinen bedeutsamen Einfluss auf die Bewertung ihrer Günstigkeit, Positivität und die Bewertung ihrer sozialen Attraktivität in Form von allgemeiner Sympathie sowie WG- und Freundschaftstauglichkeit. Studie 4 (N = 279, 18 % Männer; 84 % Studierende, Alter: M = 24 Jahre) untersuchte online mit einem experimentellen quantitativen Design die Auswirkungen einer Darstellung derselben Stimulus-Personen als Fleischesser bzw. Vegetarier bezüglich der ihnen zugeschriebenen Maskulinität, Femininität sowie ihrer partnerschaftlichen Attraktivität für Frauen. Im Gegensatz zu den vorangegangenen Studien, hatte die Darstellung der Stimulus-Personen als Fleischesser bzw. Vegetarier keine bedeutsamen Auswirkungen darauf, wie maskulin oder feminin diese bewertet wurden. Hinsichtlich der Bewertung der partnerschaftlichen Attraktivität der Stimulus-Personen wurden zwei Bewertungsfaktoren identifiziert. Der Faktor LOVA, der die Items begehrenswert für eine längere Beziehung, begehrenswert für einen One-Night-Stand, potentielle väterliche Qualitäten sowie körperlich attraktiv umfasst, sowie der Faktor ZSG, der die Items zuverlässig, sympathisch sowie gesundheitsbewusst umfasst. Während der Faktor LOVA einen größeren positiven Zusammenhang mit der Maskulinität der Stimulus-Personen aufweist, hängt der Faktor ZSG stärker mit Femininität zusammen. Die Darstellung der Stimulus-Personen als Fleischesser bzw. Vegetarier hatte keinen bedeutsamen Einfluss darauf, wie partnerschaftlich attraktiv für Frauen diese bewertet wurden. In Studie 5 (N = 196, 53 % Männer; 88 % Studierende; Alter: M = 23 Jahre) wurde per Paper-Pencil sowie online mit einem querschnittlichen quantitativen Design erstmalig in einer deutschen Stichprobe an jungen Männern und Frauen untersucht, inwiefern das eigene Ernährungsverhalten (Fleisch-, Obst- und Gemüsekonsum) mit maskulinen bzw. femininen Persönlichkeitseigenschaften, der Einstellung zu traditionell männlichen Rollennormen sowie der wahrgenommenen subjektiven Norm bezüglich Fleischkonsum zusammenhängt. Der Konsum von Obst und Gemüse steht über alle Studienteilnehmenden hinweg in keinem bedeutsamen Zusammenhang mit Maskulinität oder Femininität. Bei männlichen Studienteilnehmenden geht eine höhere Maskulinität mit einer höheren Konsumhäufigkeit von Fleisch und eine höhere Femininität mit einem geringeren Fleischkonsum einher. Bei weiblichen Studienteilnehmenden korreliert eine höhere Maskulinität mit einer höheren Konsumhäufigkeit und einer höheren Anzahl täglich konsumierter Obst- und Gemüseportionen. FleischesserInnen weisen im Vergleich zu VegetarierInnen höhere Zustimmungswerte zu traditionell männlichen Rollennormen auf. Eine höhere Zustimmung geht über alle Studienteilnehmenden hinweg mit einer höheren Konsumhäufigkeit von Fleisch sowie größeren Fleischportionen einher. Eine höhere wahrgenommene subjektive Norm bezüglich Fleischkonsum korreliert darüber hinaus mit einer höheren Konsumhäufigkeit von Fleisch und größeren Fleischportionen sowie einer geringeren Häufigkeit und Menge hinsichtlich des Verzehrs von Obst und Gemüse. Unter Berücksichtigung ihrer Limitationen und Stärken unterstützen die Ergebnisse der fünf Studien der vorliegenden Dissertation bisherige Forschungsbefunde, dass Fleischkonsum mit Maskulinität assoziiert ist. Die Untersuchung der F- bzw. V-Prototypen zeigte, dass diese sich im Hinblick auf die ihnen zugeschriebene Maskulinität, Femininität, Positivität und Günstigkeit unterscheiden. Diese Unterschiede könnten in Bezug auf den Fleischkonsum bei Männern eine selbstregulative Funktion haben und dadurch ernährungsrelevantes Verhalten beeinflussen. Männer mit einem höheren traditionell männlichen Rollen- und Selbstverständnis sowie einer höheren subjektiven Norm bezüglich Fleischkonsums, scheinen auch häufiger und größere Portionen Fleisch zu verzehren. Für Männer könnte es hilfreich sein, Konzepte von Männlichkeit und Maskulinität zugunsten von Gesundheit, Ethik und Umwelt zu hinterfragen. Dabei könnte es günstig sein, zeitgemäßere Konzepte von Maskulinität und moderne männliche Rollennormen mit vegetarischer Ernährung bzw. einem reduzierten Fleischkonsum zu assoziieren. Dies könnte es insbesondere jungen Männern erleichtern, ihren Fleischkonsum einzuschränken und sich gesundheitsbewusster zu ernähren. date: 2024 type: Dissertation type: info:eu-repo/semantics/doctoralThesis type: NonPeerReviewed format: application/pdf identifier: https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserverhttps://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/35133/1/Nestor%28geb.Scheiter%29_Diss_DerSch%C3%B6neunddasBeef_2021-01-30.pdf identifier: DOI:10.11588/heidok.00035133 identifier: urn:nbn:de:bsz:16-heidok-351338 identifier: Nestor, Fabian (2024) DER SCHÖNE UND DAS BEEF : Ein Prototypenansatz zur Untersuchung des Fleischkonsums bei Männern. [Dissertation] relation: https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/35133/ rights: info:eu-repo/semantics/openAccess rights: http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/help/license_urhg.html language: ger