title: Der Jude nach der Shoah : zur Rezeption des Kaufmann von Venedig auf dem Theater der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik 1945-1989 creator: Monschau, Jörg subject: 420 subject: 420 English description: Das Anliegen der vorliegenden Arbeit ist es, die Entwicklung von William Shakespeares Kaufmann von Venedig im deutschen Sprachraum nachzuzeichnen unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehung zwischen Theaterkunst und gesellschaftspolitischer Resonanz. Sie soll darüber hinaus einen Beitrag leisten, im Blick auf den gewählten Untersuchungsgegenstand sowohl das belastete Verhältnis zwischen Deutschen christlichen Glaubens und ihren jüdischen Mitbürgern als auch des Verhältnisses zwischen den Theaterlandschaften in einer geteilten Nation während der Ära des Kalten Krieges zu beleuchten und zu analysieren. Sie möchte die verschiedenen dramaturgischen und inszenatorischen Strömungen und Sackgassen aufzeigen, die jedes Nachkriegsjahrzehnt in der Interpretation des Kaufmann von Venedig hervorgebracht hat. Sie möchte außerdem den Einfluss einzelner Künstler mit ihrem teils sehr persönlichen Anliegen an das Stück beleuchten. Und sie möchte nicht zuletzt offen legen, wie einzelne politische oder kulturelle Ereignisse, die gar nicht immer in direktem Bezug zu der Thematik des Dramas stehen müssen, auf dessen Rezeption einwirkten. Denn bei genauerer Betrachtung kann man in dem Konflikt zwischen dem Juden Shylock und dem christlichen Kaufmann Antonio das theatralische Spiegelbild für die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dem Fremden als Außenseiter im Allgemeinen und mit der jüdischen Minderheit in einer christlich geprägten Gesellschaft im Besonderen erkennen. Die Illustration der Rezeptionsgeschichte des Stücks nach dem Krieg erfolgt größtenteils chronologisch. Im Zentrum steht immer die Aufführungsgeschichte in der Bundesrepublik und der DDR, doch es werden auch ausgewählte Inszenierungen aus Österreich und der Schweiz vorgestellt und diskutiert. Zwei Exkurse führen zudem nach Palästina bzw. Israel, um auch den Umgang mit dem Stück und seiner umstrittensten Figur in einer jüdisch geprägten Gesellschaft darzustellen. Um die besondere Bedeutung dieses Dramas in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg ermessen zu können, wird zu Beginn der Arbeit die Rolle des Stücks innerhalb der nationalsozialistischen Theater- und Filmpolitik untersucht. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf den antisemitischen Filmen des Jahres 1940 (Die Rothschilds, Jud Süß, Der ewige Jude) sowie auf der Inszenierung des Kaufmann von Venedig am Burgtheater in Wien von 1943, in der Lothar Müthel Regie führte und Werner Krauss den Shylock gab. Bei der Illustration der deutschsprachigen Nachkriegsgeschichte des Kaufmann von Venedig wird zuerst das sich neu entwickelnde und sich neu orientierende Theaterleben unmittelbar nach Kriegsende untersucht. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Frage, wie in der anfänglichen großen Theatereuphorie das Thema nationalsozialistische Diktatur auf der Bühne behandelt wurde und welche Bedeutung dem Kaufmann von Venedig dabei innerhalb der unterschiedlichen gesellschaftlichen und politischen Systeme des bald geteilten Landes zukam. Bei der Betrachtung der fünfziger Jahre wird herausgearbeitet, welche Position das Stück innerhalb einer Reihe anderer Dramen mit jüdischem Thema einnimmt, die zur gleichen Zeit die Bühne und damit auch zu einem gewissen Grad das Judenbild der Zeit bestimmen, wie Lessings Nathan der Weise, Goodrich/Hacketts Das Tagebuch der Anne Frank oder Erwin Sylvanus' Korczak und die Kinder. Beim Blick auf die sechziger Jahre wird diskutiert, welchen Einfluss die neue Dokumentations-Dramatik zur Vergangenheitsbewältigung auf Inszenierungshäufigkeit und konzeptionelle Aspekte des Kaufmann von Venedig hat. Außerdem wird analysiert, welche Auswirkungen die sich im Schatten der Mauer vertiefenden Differenzen zwischen West und Ost auf die Theaterlandschaften der beiden deutschen Staaten haben. Die siebziger Jahre stehen für die ersten Aufführungen der Shakespeare-Komödie in der DDR sowie in der Bundesrepublik für radikalere Inszenierungen im Zuge des "Regietheaters". Das Jahrzehnt, an dessen Ende die deutsche Wiedervereinigung steht, ist in der DDR von charismatischen Künstlern und den allmählich aufweichenden Fronten des Kalten Krieges geprägt. Für die Bundesrepublik wird u.a. aufgezeigt, welchen Einfluss die amerikanische Fernsehserie Holocaust und die verhinderte Uraufführung des Fassbinder-Dramas Der Müll, die Stadt und der Tod auf Konzeption und Rezeption des Kaufmann von Venedig hatte. Eine Zusammenschau, in der die großen konzeptionellen Strömungen des Stücks auf dem deutschen Nachkriegstheater herausgestellt und die bedeutendsten Kaufmann-Inszenierungen auf dem deutschen Theater bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts kurz vorgestellt werden, beschließen die Arbeit. date: 2002 type: Dissertation type: info:eu-repo/semantics/doctoralThesis type: NonPeerReviewed format: application/pdf identifier: https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserverhttps://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/3530/1/00_Titelblatt.pdf format: application/pdf identifier: https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserverhttps://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/3530/2/Diss.pdf identifier: DOI:10.11588/heidok.00003530 identifier: urn:nbn:de:bsz:16-opus-35309 identifier: Monschau, Jörg (2002) Der Jude nach der Shoah : zur Rezeption des Kaufmann von Venedig auf dem Theater der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik 1945-1989. [Dissertation] relation: https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/3530/ rights: info:eu-repo/semantics/openAccess rights: http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/help/license_urhg.html language: ger