%0 Generic %A Loewe, Markus %D 2004 %F heidok:5661 %K soziale Risiken , Armutsbekämpfung , Entwicklungszusammenarbeit , Kleinstversicherungensocial protection , Arab world , micro-insurance , poverty reduction , development co-operation %R 10.11588/heidok.00005661 %T Soziale Sicherung und informeller Sektor : Stand der theoretischen Diskussion und kritische Analyse der Situation in den arabischen Ländern unter besonderer Berücksichtigung des Kleinstversicherungsansatzes %U https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/5661/ %X Verbreitete Armut ist nach wie vor eines der zentralen Probleme der arabischen Entwicklungsländer, das nicht nur auf begrenzte Erwerbsmöglichkeiten und geringe Einkommen zurückgeht. Große Teile der Bevölkerung verarmen auch deshalb immer wieder, weil sie keinen adäquaten Zugang zu Instrumenten der sozialen Sicherung haben und daher hochgradig verletzbar sind durch Risiken wie z.B. Alter, Erwerbsunfähigkeit oder Krankheit. Dies gilt v.a. für die Beschäftigten des informellen Sektors und deren Angehörige, die rund 50 Prozent aller Erwerbstätigen in den arabischen Ländern ausmachen. Sie werden von den bestehenden Sozialsystemen größtenteils nicht erfasst und drohen zu verarmen, wann immer ein Risiko eintritt. Diese Gefahr mindert zudem ihre Bereitschaft, Ersparnisse in einkommensschaffende Projekte zu investieren, da sie damit zusätzliche Risiken eingehen würden. Sozialpolitische Reformen sind daher in sämtlichen arabischen Ländern dringend geboten. Zwar stehen den bestehenden Systemen der sozialen Sicherung insgesamt verhältnismäßig hohe finanzielle Mittel zur Verfügung. Diese werden aber in einer Art und Weise eingesetzt, die zu Ineffizienzen (hohe Verwaltungskosten, schlechtes targeting, unrentable Investitionspolitik) und sozialen Ungerechtigkeiten führt und die langfristige Finanzierbarkeit der Systeme gefährdet. Besonders gravierend ist, dass große Teile der Bevölkerung überhaupt keinen Zugang zu diesen Systemen haben. Einige arabische Länder haben bereits Versuche unternommen, größere Teile der Bevölkerung besser vor Risiken schützen. So konnten einige von ihnen vergleichsweise große Erfolge mit steuerfinanzierten öffentlichen Gesundheitssystemen erzielen. Dies gilt v.a. für die reicheren Länder der Region, die bei den medizinischen Dienstleistungen auch eine ausreichend hohe Qualität sowie ein flächendeckendes Angebot auch im ländlichen Raum sicherstellen können. Demgegenüber haben nur sechs Staaten Maßnahmen ergriffen, die darauf abzielen, den Deckungsgrad der Sozialversicherung zu steigern; und auch ihnen gelang es selbst mit großzügigen Subventionen nicht, mehr als die Hälfte der informell Beschäftigten in die bestehenden Systeme zu integrieren. Ebenso erreichen nur zwei arabische Staaten mehr als ein Viertel der absolut Armen durch Sozialhilfe-, Sozialkredit- oder Arbeitsbeschaffungsprogramme. Derweil verlieren informelle und traditionelle Formen der sozialen Sicherung (z.B. der wechselseitige Beistand unter Verwandten und Nachbarn) immer stärker an Bedeutung und Zuverlässigkeit. Somit müssen neue Wege der sozialen Sicherung beschritten werden. Einen Ansatzpunkt hierfür bietet der Kleinstversicherungsansatz. Kleinstversicherungssysteme zeichnen sich durch niedrige Beiträge und folglich begrenzte Leistungen aus und ihre sonstigen Vertragsmodalitäten sind ebenfalls an die Bedarfe und Möglichkeiten von Beziehern niedriger Einkommen im informellen Sektor angepasst. In allen anderen Weltregionen bestehen bereits zahlreiche Kleinstversicherungssysteme. Einige wurden von Mikrofinanzinstituten, Versicherungsunternehmen oder staatlichen Organen, andere hingegen von Selbsthilfegruppen bzw. Nichtregierungsorganisationen aufgebaut. Besonders bewährt haben sich allerdings diejenigen Systeme, die von Institutionen von sehr unterschiedlicher Art (z.B. einem Versicherungsunternehmen und einer Nichtregierungsorganisation) organisiert werden. Arrangements dieser Art ließen sich auch in der arabischen Welt realisieren – zumindest in Ländern wie z.B. Jordanien oder Marokko.