TY - JOUR TI - Semiotische Bonität, idealer Stil und Klassik : ein Versuch der Fragestellung und -lösung Y1 - 2005/// UR - https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/6073/ ID - heidok6073 KW - art theory KW - styles KW - semeiotics KW - classical art A1 - Taruashvili, Leonid Iosifovich N2 - Ausgangspunkt des im Aufsatz dargelegten Gedankenganges ist die Feststellung des augenscheinlichen Widerspruchs zwischen einerseits der durch Gesamtheit historischer Tatsachen bezeugten und schon in Faktorentheorie seit ca. Mitte des 19. Jh. widerspiegelten polygenetischen Natur des Geschichtsablaufs und andrerseits der die Idee der Monogenese vorausbestimmenden Konzeption der Epochenstile. Um diesen Widerspruch zu überwinden, ohne dabei gegen Fakten zu handeln, muß man Unentrinnbarkeit der mehr oder weniger unvollständigen Äußerung aller Stile (die schon ihrer Definition nach etwas in sich einheitliches und reines sind und so ein Ergebnis ausschließlich der Monogenese sein können) in Materie der reellen Kunstgeschichte zugeben. Doch als gewisse unbewußte Modelle, die niemals gänzlich realisierbar und gewöhnlich miteinander rivalisierend sind, obwohl insgesamt einzigartige künstlerische Erscheinung jedes Zeitalters letzten Endes bestimmen, ja, eben als solche die Stile gibt?s. Darüber hinaus zeigen sie unzweideutig eine epochenüberschreitende Dauerhaftigkeit, was zum Gedanken führt, daß sie nicht geschichtlich, sondern anthropologisch bedingt sind. Zum Verständnis der Stilgenesis und -funktionieren kann, des Autors Meinung nach, der Begriff der Empathie (Einfühlung) behilflich und auch unumgänglich sein, aber seine Erläuterungskraft erwirbt er erst in Verbindung mit seiner Begriffsergänzung, die der Autor Ekpathie (buchstäblich Aus-fühlung) nennt, indem er sie als jemandes Abstrahieren von Erzeugnis eigener Einfühlung und dessen Einschätzung unter dem Gesichtswinkel des Einfühlungsvermögens des Anderen versteht. Also, während Empathie kunstschöpferische Aktivität an und für sich, deren Umfang und Intensität bedingt, so bestimmt Entwicklungsgrad der Ekpathie Qualität des Endproduktes solcher Aktivität, im Grenzfall ? ihre semiotische Bonität, d. h. Transparenz des Kunstfaktums als Zeichens, seine Fähigkeit, das Bedeutete (signifié) durch das Bedeutende (signifiant) maximal klar und vernehmlich, sowie höchstens vollständig und wirkungsvoll (und folglich simultan) zu wiedergeben. Solcherart Äußerung ähnlich wie ein Stil, der sie ermöglicht, ist gewiß eine Vernunftkonstruktion. Doch sie ist eine solche Konstruktion, die dem Forscher hilft, sich in Kunstphaenomena auszukennen; Autor des Aufsatzes nennt sie idealer Stil. Vor allem kann diese Vorstellung eine Grundlage für das Klassifizieren sichern, welches, indem es verschiedene geschichtlich bezeugte Stilaktualisationen gemäß dem Grad deren Nähe zu oder Unterschied vom erwähnten theoretischen Richtungspunkt ordnet, sie gleichzeitig in Hinsicht auf ihr eigentlich semiotisches Vermögen einschätzt. Was ist z. B. für diesen konstruierten Stil maximal nahe kunstgeschichtliche Entsprechung? Der Autor findet sie in den Werken des sog. klassischen Stils oder genaugenommen der Klassik. Ihre sozial-psychologischen Wurzeln sieht er in der Kultur des gleichberechtigten Umgangs ein, welche erstmals in dem Milieu des hellenischen kriegerischen Adels Homerischer Zeit (12. ? 8. Jh. v. Chr.) entstanden war, um dann, nach langen und komplizierten Veränderungen und Umwälzungen sich in die Formen der reifen Polisdemokratie im Griechenland (5. ? 4. Jh. v. Chr.) zu entwickeln. (Dr.L.Taruashvili Wissenschaftliches Forschungsinstitut der Kunsttheorie und Kunstgeschichte bei der Russischen Akademie der Künste, Moskau) AV - public ER -