title: Zu möglichen Vorlagen einiger Darstellungen in den ’Buch der Natur’-Handschriften aus der Lauber-Werkstatt creator: Spyra, Ulrike subject: ddc-090 subject: 090 Manuscripts and rare books description: Von dem um 1350 entstandenen „Buch der Natur“ des Konrad von Megenberg (1309-1374) existieren nur sieben Handschriften mit einer durchgehenden, textbezogenen Bebilderung. Zu den frühesten illustrierten Manuskripten gehören drei Codices aus der von 1427 bis 1467 belegbaren und in Hagenau im Elsaß tätigen Werkstatt des Diebold Lauber: Die Handschriften Frankfurt/M., Universitätsbibliothek, Ms. Carm. 1, Heidelberg, Universitätsbibliothek, Cpg 300 und Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek, Cod. med. et phys. fol. 14 dürften zwischen circa 1440 und 1448 entstanden sein, stammen von unterschiedlichen Schreiber- und Illuminatorenhänden und weisen in ihren kolorierten Federzeichnungen nur selten motivische Übereinstimmungen auf. Auffällig ist jedoch: Texteinrichtung, Layout sowie die Art und Weise der Bebilderung stimmen überein. Mit Hilfe eines ausgeklügelten Systems zur Rubrizierung wird der umfangreiche, in dreizehn „Bücher“ (libri) unterteilte Text für die Leser aufbereitet und gegliedert. Auffallendstes Gestaltungselement sind dabei die zu Beginn eines jeden „Buches“ angebrachten, in der Regel ganzseitigen, ungerahmten Darstellungen, welche das folgende Thema illustrieren. Unter den Motiven dieser „Bucheingangsdarstellungen“ finden sich zwar auch narrative Bilder, wie Handwerksszenen, häufiger jedoch werden die „natürlichen Dinge“ (res) vor dem nackten Papiergrund versammelt und ohne jeden Bezug zueinander dargestellt. Bis hin zu den Inkunabeldrucken des ’Buchs der Natur’ setzen die drei Lauber-Codices mit dieser konsequenten Bebilderung der Buchanfänge Maßstäbe für die Illustrierung des Werks. Die Wurzeln dieser Art von Darstellungen sind vielfältig: Bereits seit dem 12. Jahrhundert und besonders im 13. und 14. Jahrhundert werden in der naturwissenschaftlich-enzyklopädischen Literatur Anfänge von Großabschnitten regelmäßig mit figürlichen und historisierten Initialen oder ganzen Initialzierseiten und Drôlerien ausgestattet. In volkssprachlichen Enzyklopädien lösen sich die Bildmotive im Folgenden sogar von den Initialen und verselbständigen sich zu autonomen Bucheingangsdarstellungen wie in den im Umkreis des französischen Hofes entstandenen Handschriften des „Livre des propriétés des choses“ des Jean Corbechon. Aber auch autonome Darstellungen, die durch Format und Gestaltungsprinzip an Schautafeln für den Unterricht erinnern, kennt die enzyklopädisch-naturwissenschaftliche Literatur bereits seit der Spätantike. Berühmtestes Beispiel hierfür ist wohl der im 6. Jahrhundert in Byzanz hergestellte „Wiener Dioskurides“. Für die motivischen Vorlagen der Tier- und Pflanzenbilder der Lauber-Werkstatt sind ferner vor allem Bibelillustrationen in Anspruch zu nehmen. Gerade Schöpfungsdarstellungen muß in dieser Hinsicht besonderes Gewicht beigemessen werden, da sie Aufnahme in enzyklopädische Werke und Bestiarien fanden. Letztere dürften mit ihren zahlreichen Tierdarstellungen von naturwissenschaftlichen Werken ausgiebig als Quellen genutzt worden sein. Bestiarienhandschriften rezipieren zum Teil aber auch den Typus des Bucheingangsbildes in genau der gleichen Funktion und Konzeption, in der er in der enzyklopädisch-naturwissenschaftlichen Literatur auftritt. Sicherlich haben sich diese verschiedenen Literatur- und Bildgattungen während des Mittelalters gegenseitig beeinflusst. Auch bei den Darstellungen der Lauberschen „Buch-der-Natur“-Handschriften ist eine solche Einflußnahme wahrscheinlich. Illustrationen zu Beginn einzelner Großabschnitte gehörten jedoch vermutlich seit der Spätantike zum Ausstattungsrepertoire naturwissenschaftlich-enzyklopädischer Werke. Durch ihre Komposition, d.h. die Anordnung der Motive in horizontalen Reihen und vertikalen Spalten, lassen sich solche Bucheingangsdarstellungen selbst heute noch relativ schnell und einfach erfassen, denn sie sind, von links nach rechts und von oben nach unten, wie die Zeilen und Spalten eines Textes „lesbar“. Diese wertvolle Eigenschaft haben offenbar auch die Inkunabeldrucker zu schätzen gewußt und diese Gestaltungsmethode übernommen. Daß die Eingangsillustrationen der Lauber-Manuskripte dabei in der Regel größer sind als sonst üblich, stellt eine Optimierung des zugrunde liegenden Gestaltungsprinzips dar: Sie besitzen nicht nur in ihrer Komposition den Charakter von Schautafeln, sondern sie sind durch ihre Größe auch zu Schautafeln geworden. date: 2005 type: Article type: info:eu-repo/semantics/article type: NonPeerReviewed format: application/pdf identifier: https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserverhttps://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/6086/1/spyra_lauber.pdf identifier: DOI:10.11588/heidok.00006086 identifier: urn:nbn:de:bsz:16-opus-60862 identifier: Spyra, Ulrike (2005) Zu möglichen Vorlagen einiger Darstellungen in den ’Buch der Natur’-Handschriften aus der Lauber-Werkstatt. relation: https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/6086/ rights: info:eu-repo/semantics/openAccess rights: http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/help/license_urhg.html language: ger