%0 Generic %A Tsoka, Aikaterini %D 2006 %F heidok:7571 %K Tragödie , Politik , Rom , Griechenland , Euripides , Seneca , MachtstrebenTragedy , Rome , Greece , politics , Euripides , Seneca , desire for power %R 10.11588/heidok.00007571 %T Politik und Drama in Griechenland und Rom: Zum politischen Hintergrund der Troerinnen von Euripides und Seneca %U https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/7571/ %X In dieser Arbeit wurde der Anlauf genommen, die politische Seite der griechischen und römischen Tragödie Troades zu skizzieren. Trotz der Verschiedenheit der Bearbeitung des Stoffes wird deutlich, dass jeder der beiden Dichter in seiner spezifischen Art, in der er mit der mythischen Vergangenheit umgeht, typische Charakteristika der Zeit, in der er lebte, verrät. Beide Tragödien stehen von Beginn an unter der Spannung zwischen dem vorgegebenen Mythos und der individuellen Ausgestaltung des Vorgegebenen durch jeden Dichter. Mit anderen Worten ist in dieser Spannung einerseits die Gegenwart des jeweiligen Dichters mit ihren Konflikten und ihren Fragen greifbar, und andererseits steht die mythische Vergangenheit mit ihren Vorgaben. Der Dichter kann diesen Grundkonflikt auf gegenwärtige Probleme hin spezifizieren. Und das wichtigste Problem, das in beiden Stücken greifbar ist, ist die Macht und ihre Ausnutzung. Sie gibt den Stoff vor, den Grundkonflikt. Sie wird zu einem existentiell neuen Problem, das das Gefühl der Intensität, mit der man sie ausübt oder mit der man von ihr bedroht wird, enorm erhöht. Individualismus und Machtstreben steigern sich zu bisher unbekannter Radikalität und die Polarisierungen verschärfen sich. Diese Umstände reflektieren sich in den beiden Werken und durch die von den Dichtern bezweckte Nuancierung stehen wir vor einer neuen Adaptation der tradierten mythischen Vergangenheit.Damit man ein vollständiges Bild der politischen Nuancierung bekommt, die beide Dichter in ihren Werken erreichen, werden einzelne topische Charakterisierungen von Divergenzen im politischen Bereich herausgestellt und vom Standpunkt des jeweils Sprechenden aus verstanden. Von Belang ist auch die tiefgreifende Analyse der Stücke, da man nur nach den Worten allein nicht zu ordnen vermag, muss man sich auch darum bemühen, den Standort zu beobachten, nämlich die Charaktere und den sich hinter den Stücken verbergenden Zustand, der das Konstruieren und den Zweck dieser geschaffenen Konstruktion beeinflusst hat. In beiden Stücken nehmen die Gegensätze einen auf keinen Fall geringfügigen Platz ein. So kommen folgende topische Themata vor: die Auseinandersetzungen über Treue und Opportunismus, über rühmliches und mehr genießendes Leben, über freie und unfreie Art, über Achtung und Mißachtung des Individuums, die Frage, ob der Vorrang dem äßêáéïí oder dem íüìéìïí, der Strenge oder der Humanität, den Pflichten oder den Rechten gebühre. Diese stabil erscheinenden Kategorien werden bei beiden Dichtern anders behandelt, immer anhand der mythischen Vergangenheit, aber auch in Zusammenhang mit den Offenbarungen und politischen Umständen der Gegenwart. Somit lassen die politischen Komponenten in einer Reihe von Worten und Ausdrücken enthüllt werden, die im Mund des jeweils Sprechenden einen besonderen Sinnsgehalt einnehmen. Die beiden Tragödien lassen sich als ein Versuch erkennen, Kritik am Fehlverhalten der politisch verantwortlichen Menschen zu üben und vor den Schwierigkeiten und der leichten Umdrehung des Schicksals zu warnen. Dazu ist der Stoff des trojanischen Krieges das geeignete Material, das sowohl in Athen des 5. Jahrhunderts als auch in Rom der Kaiserzeit Beliebtheit genoß. Auf der einen Seite werden die Troerinnen als politisches Stück zeigen, nach welchen Kategorien Menschen ihre Handlungen ausrichten und wie sie insbesondere ihre Macht ausüben. Die Faktoren, nach denen das politische Handeln zum Ausdruck gebracht wird, werden im Stück thematisiert und als zentrale Aspekte gezeigt, unter denen das Geschehen der mythischen Vergangenheit neu gesehen wird. Auf der anderen Seite sind die römische Färbung des Mythos, die Seneca erreicht, die Darstellung von Personen, die nicht im Stück des Euripides vorkommen, die Konflikte unter den Griechen -ein Element, das bei Euripides nicht betrachtet wird- der Inhalt der Rede, der Wert auf römische Tugenden und Eigenschaften richtiger Haltung des Herrschers legt, von Seneca bevorzugte Mittel, damit er die Politik, die er erlebt hatte, kritisiert und eine neue Dimension der Herrschaft schafft, in einer Zeit, als die Führung der julisch-klaudischen Dynastie einen falschen und riskanten Weg gebahnt hat, der die bevorstehende und möglichst gesunde Herrschaft Neros aufs Spiel setzte. Das klassische und kaiserzeitliche Drama der Troades, deren Ausrichtung zu ermitteln war, sind durch Kritik an den bestehenden politischen Verhältnissen geprägt. Mit dieser Aktualität hängt zusammen, dass bei diesen Stücken nicht außenpolitische Ereignisse – militärische Siege über äußere Feinde werden nur den Ansporn für Verfassung und Präsentation solcher Tragödie gegeben haben – sondern innenpolitische Themen gewählt werden, bei denen es um die Herrschaftsform und das richtige Verhalten von politisch Tätigen geht.