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Risikofaktoren für Resistenzen bei Harnwegsinfektionen in einer Zentralen Notaufnahme und Verbesserung der empirischen Antibiotika-Therapie

Bischoff, Sebastian

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Download (1MB) | Lizenz: Creative Commons LizenzvertragRisikofaktoren für Resistenzen bei Harnwegsinfektionen in einer Zentralen Notaufnahme und Verbesserung der empirischen Antibiotika-Therapie by Bischoff, Sebastian underlies the terms of Creative Commons Attribution-NoDerivatives 4.0

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Abstract

Harnwegsinfektionen (HWI) gehören zu den häufigsten bakteriellen Infektionen weltweit. Ihre Behandlung wird durch ansteigende Resistenzraten gegenüber Standard-Antibiotika erschwert. Genaue Kenntnis der lokalen Resistenzsituation und eine frühe Identifikation von Resistenzen kann die Therapiesituation verbessern. Diese retrospektive Studie hatte zum Ziel, Risikofaktoren für Resistenzen gegenüber Standard-Antibiotika bei HWI in der Zentralen Notaufnahme (ZNA) der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) zu identifizieren. Weiterhin wurde untersucht, ob die empirische Therapie unter Zuhilfenahme dieser Risikofaktoren verbessert werden kann.

Zwischen Januar 2013 und Juni 2015 wurden 460 Patienten unter der Diagnose eines HWI behandelt. 137 Patienten hatten ein positives Urinkultur-Ergebnis und konnten weiter ausgewertet werden, 94,7% hiervon wurden als Pyelonephritis klassifiziert. Die häufigsten Erreger waren Escherichia coli (64,2%) und Klebsiella pneumoniae (12,4%). Die Ansprechraten gegenüber häufig eingesetzten Antibiotika lagen bei 71,5% für Ciprofloxacin, 80,3% für Piperacillin/Tazobactam, 54,7% für Ampicillin/Sulbactam, 73,7% für Cefuroxim, 76,6% für Cefpodoxim, 85,4% für Ceftazidim, 84,7% für Gentamicin und 96,4% für Imipinem. Der Anteil multiresistenter Erreger lag bei 36,5%, der Anteil an Erregern die gegen Ciprofloxacin, Piperacillin/Tazobactam und Ceftazidim (SCPC) resistent sind, bei 5,8%.

Risikofaktoren wurden für Ciprofloxacin, Piperacillin/Tazobactam, Cefuroxim, Cefpodoxim, Ceftazidim, MDR und SCPC errechnet. Die logistischen Regressionen ergaben als Risikofaktoren: Herkunft aus einem Pflegeheim (Odds Ratio (OR) = 22,8 für SCPC), Krankenhausaufenthalte innerhalb der letzten 30 Tage (OR = 3,6 für MDR; OR = 3,7 für Piperacillin mit Tazobactam; OR = 4,4 für Ciprofloxacin), rezidivierende Harnwegsinfektionen (OR = 4,0 für MDR), männliches Geschlecht (OR = 6,5 für Cefpodoxim; OR = 3,7 für Ceftazidim; OR = 7,3 für Cefuroxim; OR = 9,5 für SCPC), Nierentransplantation (OR = 15,4 für Piperacillin mit Tazobactam; OR = 16,4 für Ceftazidim), Blasen-Dauerkatheter (OR = 5,2 für Ciprofloxacin) und Antibiotika-Therapie innerhalb der letzten 30 Tage (OR = 5,3 für Cefpodoxim; OR = 5,7 für Cefuroxim). ROC-Analysen lieferten AUC-Werte zwischen 0,699 und 0,868.

Die Stratifizierung der Patienten anhand dieser Risikofaktoren zeigt, dass Patienten mit keinem Risikofaktor Ansprechraten von 90% und höher für alle Standard-Antibiotika haben. Patienten mit genau einen Risikofaktor haben Ansprechraten um 80% für alle Antibiotika außer Imipinem. Für zwei und mehr Risikofaktoren fallen die Ansprechraten für Ciprofloxacin, Cefuroxim und Cefpodoxim auf Werte unter 60%, während Piperacillin/Tazobactam, Ceftazidim und Gentamicin Ansprechraten um 75% halten können.

Subanalysen zeigen einige Ausnahmen vom generellen Trend: Für Patienten, die innerhalb der letzten 30 Tage ein Antibiotikum erhielten, ist Piperacillin mit Tazobactam unabhängig von anderen Risikofaktoren den anderen Standard-Antibiotika überlegen. Die Kombination aus Pflegeheim-Herkunft und einem Krankenhausaufenthalt innerhalb der letzten 30 Tage zeigt, ebenso wie in geringerem Umfang auch andere Kombinationen des Risikofaktors Pflegeheim-Herkunft, ein gutes Ansprechen auf Cephalosporine und sehr schlechte Ansprechraten für Ciprofloxacin und Piperacillin/Tazobactam. Einzelmodelle für jedes Antibiotikum mit den korrespondierenden Risikofaktoren zeigen lediglich für Piperacillin/Tazobactam eine potenziell relevante Überlegenheit in Bezug auf Ansprechraten.

Cephalosporine und Ciprofloxacin gehen im Vergleich mit Piperacillin/Tazobactam mit einem erhöhten Risiko für Clostridium difficile-Kolitis und vermehrter Resistenzentwicklung einher. Gentamicin ist nebenwirkungsreich und muss engmaschig kontrolliert werden. Imipinem ist eine Reservesubstanz und sollte daher zurückhaltend eingesetzt wurden. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren wurde ein Therapiealgorithmus für die Zentrale Notaufnahme der Universitätsmedizin Mannheim erstellt. Hiernach sollen Patienten ohne Risikofaktoren ein Cephalosporin, z.B. Cefuroxim, Patienten mit mindestens einem Risikofaktor Piperacillin/Tazobactam und Patienten aus einem Pflegeheim und kürzlicher Hospitalisierung ein Cephalosporin erhalten. Unter Anwendung dieses Algorithmus hätten 86,1% der Patienten eine wirksame empirische Therapie erhalten gegenüber 64,5% tatsächlicher Abdeckung während des Untersuchungszeitraumes.

Zusammenfassend bestand in der ZNA eine ungünstige Resistenzsituation, die bei unreflektiertem Einsatz von Standard-Antibiotika zu suboptimalen Ergebnissen führte. Es konnten Risikofaktoren identifiziert werden, die eine Unterteilung der Patienten in eine Niedrig- und eine Hochrisikosituation ermöglichten. Bei Anwendung dieser Kriterien kann eine Verbesserung der Ansprechraten der empirischen Therapie erreicht werden. Hierbei zeigte sich ein Antibiotika-übergreifendes Modell verschiedenen Einzelmodellen unter Berücksichtigung von Komplexität und Ansprechraten als ebenbürtig.

Für die identifizierten Risikofaktoren lässt sich in der Literatur Rückhalt finden, dennoch gibt es auch einige bereits beschriebene Risikofaktoren, die in dieser Studie keine Assoziation zeigten. Andere Faktoren konnten mangels Datengrundlage von vorneherein nicht untersucht werden. Ein Alleinstellungsmerkmal dieser Studie ist die vergleichende Untersuchung verschiedener Antibiotika und Multiresistenz. Auch für die Übertragbarkeit der Ergebnisse dieser Studie ergeben sich Einschränkungen. Sowohl Vergleiche mit dem übrigen Kollektiv wie auch anderen Studien zeigen, dass die Resistenzraten im untersuchten Patientenkollektiv sehr hoch sind. Auch die Risikofaktoren sind sehr häufig vertreten, sodass angenommen werden kann, dass es sich um überdurchschnittlich kranke Patienten handelt. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren kann somit eine unreflektierte Übertragung dieser Ergebnisse insbesondere auf Settings mit niedrigeren Resistenzraten nicht empfohlen werden.

Unabhängig davon zeigt diese Studie jedoch auf, dass das Monitoring der lokalen Resistenz- und Risikosituation ein wichtiger Baustein für effektiven empirischen Antibiotika-Einsatz ist, da die lokale Resistenzsituation signifikant von den in Leitlinien zugrundeliegenden Daten abweichen kann. Daher werden einige Erkenntnisse dieser Studie bereits in der ZNA der UMM zur Verbesserung der Versorgungsqualität umgesetzt. Weiterhin empfiehlt sich zur weiteren Evaluation dieser Ergebnisse die Durchführung einer multizentrischen, prospektiven Studie.

Document type: Dissertation
Supervisor: Vogelmann, PD Dr. med. Roger
Date of thesis defense: 3 December 2018
Date Deposited: 05 Apr 2019 09:36
Date: 2019
Faculties / Institutes: Medizinische Fakultät Mannheim > Medizinische Klinik - Lehrstuhl für Innere Medizin II
DDC-classification: 610 Medical sciences Medicine
Controlled Keywords: Harnwegsinfektion, Antibiotikum, Arzneimittelresistenz, Notaufnahme
Uncontrolled Keywords: Antibiotikaresistenz
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