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Interdisziplinär erfolgreich – Modellierung, Validierung und Förderung interdisziplinärer Handlungskompetenz

Brandstädter, Simone

English Title: Successful interdisciplinarity – Modelling, validation and promotion of interdisciplinary competence

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Abstract

Unsere zunehmend komplexer werdende Welt erfordert immer häufiger die Lösung von Problemen durch den Zusammenschluss mehrerer fachlicher Experten. Ob Klimawandel, technische Erneuerungen oder Medizintechnik, in vielen Bereiche sind Forschung und Unternehmen darauf angewiesen, dass fach- und berufsübergreifende Zusammenarbeit erfolgreich verläuft. Ein solcher Zusammenschluss verschiedener fachlicher Experten, die gemeinsam an einem Thema arbeiten, wird als interdisziplinäre Zusammenarbeit bezeichnet. Als Form der Teamdiversität ist interdisziplinäres Arbeiten vielfältigen Herausforderungen und Reibungsverlust unterlegen. Diversität ist als zweischneidiges Schwert bekannt: Kognitive Diversität führt dazu, dass bessere Entscheidungen getroffen, kreativere Lösungen erarbeitet und innovativere Produkte entwickelt werden. Allerdings führt Heterogenität im Team auch zu geringerem Commitment, weniger Zufriedenheit und mehr Konflikten, was den Teamerfolg schmälern kann. Auch bei interdisziplinärer Zusammenarbeit tauchen spezifische Probleme auf. Einzelne Disziplinen unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich ihrer Fachgebiete und Wissensbestände, sondern auch hinsichtlich Fachsprachen, Methoden, Werten, Normen und Praktiken. Diese unterschiedlichen Perspektiven auf die Welt führen zu vielfältigen Herausforderungen wie beispielsweise hinsichtlich der Kommunikation: durch fachspezifische Begrifflichkeiten, Missverständnisse oder differierende Blickwinkel auf ein Thema. Dazu kommen konfligierende Auffassungen über korrekte Methoden und Arbeitsabläufe, ungünstige Teamdynamiken durch In- und Outgroup-Phänomene sowie gegenseitige Stereotype und Vorurteile, bis hin zur disziplinären Arroganz. Um in einem solchen Setting erfolgreich agieren zu können, ist es notwendig über ein bestimmtes Set an Kompetenzen zu verfügen. Allerdings wurde – auch wenn viel über mögliche hilfreiche Eigenschaften und Fähigkeiten spekuliert wird – in der Literatur bisher wenig unternommen, systematisch zu untersuchen, wie genau eine solche interdisziplinäre Handlungskompetenz aussieht. Die vorliegende Arbeit stellt einen Versuch dar, diese Frage systematisch und mit einem empirischen Ansatz zu beantworteten. Das Ziel ist, ein empirisch gestütztes Modell „Interdisziplinäre Handlungskompetenz“ zu entwickeln (Studien 1, 2 und 3), zu validieren (Studien 4 und 5) und anhand eines Praxisprojektes Fördermöglichkeiten auszutesten (Studien 6 und 7). Die erste Fragestellung widmet sich der Modellierung interdisziplinärer Handlungskompetenz. Zunächst wird der aktuelle Erkenntnisstand hinsichtlich interdisziplinärer Kompetenzen zusammengefasst. In Studie 1 wird zur Exploration des Untersuchungsgegenstands ein qualitativer Ansatz gewählt und Interviews und Workshops mit interdisziplinär arbeitenden Personen (N = 33) durchgeführt. Mithilfe der Critical Incident Technique (Flanagan, 1954) werden kritische Verhaltensweisen und förderliche Eigenschaften zum erfolgreichen Umgang mit fachübergreifenden Kontexten erfragt, durch qualitative Inhaltsanalyse (Mayring, 2010) ausgewertet und zu insgesamt 40 Kompetenzen verdichtet. Studie 2 stellt die erste Expertenbefragung dar und hat zum Ziel das Modell zu bereinigen sowie notwendige Kompetenzausprägungen festzulegen. Dazu werden Projektleitern (N = 60) die entwickelten Kompetenzlisten vorgelegt und hinsichtlich Wichtigkeit und notwendigem Ausprägungsgrad eingeschätzt. Studie 3 als zweite Expertenbefragung finalisiert das Modell. Hier werden Leiter interdisziplinärer Einrichtungen (N = 6) gebeten, das Modell hinsichtlich seines inkrementellen Mehrwerts gegenüber Teamkompetenzen für reguläre, disziplinäre Zusammenarbeit einzuschätzen. Das finale Modell umfasst insgesamt 25 Fach-, Methoden-, Sozial- und Personalkompetenzen. Die hohe Übereinstimmung mit Erkenntnissen aus der Literatur zu Problembereichen und förderlichen Fähigkeiten spricht für die Inhaltsvalidität des Modells. Ziel der zweiten Fragestellung ist die weitere Validierung des entwickelten Kompetenzmodells. Zur Bestimmung der Konstruktvalidität – inklusive der faktoriellen Validität – und Kriterienvalidität wird interdisziplinäre Handlungskompetenz in ein nomologisches Netzwerk eingebettet und mittels Faktorenanalysen und Strukturgleichungsmodellen hinsichtlich Prädiktoren und Kriterien untersucht. Studie 4 fördert durch eine Befragung an Mitarbeitenden (N = 205) eine fünffaktorielle Lösung mit einem Generalfaktor zu Tage. Interdisziplinäre Handlungskompetenz setzt sich zusammen aus den Bereichen Kenntnisse und Bereitschaft, Erkunden und Analysieren, Kommunikation und Einbindung, Verständnis und Entgegenkommen sowie Aufgeschlossenheit und Anpassung. Ergebnisse zur Konstruktvalidität zeigen substanzielle Überschneidungen zu interpersonellen Kompetenzen (konvergente Validität), aber auch ungeteilte Varianz mit sozialer Kompetenz (diskriminante Validität). Weiter ist die Interdisziplinarität bisheriger Projekte sowie interdisziplinäre Erfahrung – nicht aber allgemeine Berufserfahrung – mit einem hohen Kompetenzniveau assoziiert. Interdisziplinäre Handlungskompetenz zeigt zudem positive Zusammenhänge mit Engagement, Zufriedenheit und Leistung der Projektmitarbeitenden, was für die Kriterienvalidität des Modells spricht. In Studie 5 wird eine Wochenbuchstudie durchgeführt, um den relativen Einfluss interdisziplinärer Kompetenz auf Prozesse der täglichen Zusammenarbeit zu überprüfen. Am Ende von vier aufeinander folgenden Arbeitswochen füllen Beschäftigte in fachübergreifenden Projekten (N = 80) kurze Fragebögen (N = 320) aus, die in einem Multi-Level-Design ausgewertet werden. Die Stärke der interdisziplinären Interdependenz im Team ist positiv mit Qualität, Quantität und Intensität der wöchentlichen Zusammenarbeit assoziiert. Gleichzeitig zeigen aber auch Wochen mit mehr interdisziplinären Anforderungen geringere Maße an Leistung und Engagement. Interdisziplinäre Kompetenz zeigt keinen Einfluss auf die Kooperationsgüte, sagt zusammen mit wöchentlicher Qualität und Intensität des Austauschs aber Schwankungen in Engagement, Zufriedenheit und Leistung der Mitarbeitenden voraus. Die bisherige Erfahrung und die Kontakthäufigkeit, die in der Literatur als kritische Einflussfaktoren genannt werden, zeigen keine Einflüsse auf Reaktion und Verhalten der Mitarbeitenden. Fragestellung 3 widmet sich der praktischen Förderung von interdisziplinärer Handlungskompetenz. Als Praxisbeispiel wird das durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte, interdisziplinäre, medizintechnische Graduiertenkolleg GRK 1126 beschrieben, welches eine Gemeinschaftsunternehmung der Universität Heidelberg, dem Universitätsklinikum Heidelberg, dem Deutschem Krebsforschungszentrum (DKFZ) Heidelberg und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) war und drei Jahre begleitet wurde. In Studie 6 werden mit qualitativen Interviews (N = 14) Herausforderungen und Besonderheiten fachübergreifender Forschung in der Medizintechnik erhoben und aufbauende Interventionen und Maßnahmen abgeleitet. Die Ergebnisse zeigen typische fachübergreifende Probleme, wie Stereotype und Vorurteile, aber auch einige Besonderheiten, wie Konflikte aufgrund des unterschiedlichen Stellenwertes von Forschung per se. Der entwickelte Maßnahmenkatalog zeigt förderliche strukturelle und personelle Handlungsempfehlungen auf, wie gegenseitige Laborführungen oder Förderung informeller Zeit. In Studie 7 wird ein Trainingsansatz zur personellen Förderung interdisziplinärer Kompetenz beschrieben. Dieser wird mit den Mitgliedern des GRK 1126 (N = 18) durchgeführt und evaluiert. Eine messwiederholte ANCOVA und t-Tests zeigen positive kurz- und längerfristige Auswirkungen auf das Teamklima, wie beispielsweise eine bessere Zielklarheit, mehr Reflexion im Team und einen gesteigerten Informationsfluss. Die interdisziplinären Projektpartner bestätigen in einer unabhängigen Befragung, dass sich Qualität und Quantität des fachübergreifenden Austauschs verbessert haben. Insbesondere Verhaltensweisen wie das Hineinversetzten in die Perspektive des interdisziplinären Partners, das Zeigen eines besseren Rollenverständnisses und mehr Zusammenhalt im Team werden durch das Training positiv beeinflusst. Zusammengefasst zeigt die vorliegende Arbeit auf, welche Herausforderungen bei interdisziplinärer Zusammenarbeit auftreten und welches spezifische Kompetenzmuster zum erfolgreichen Umgang mit diesen gefördert werden sollte. Sie leistet damit einen wichtigen Beitrag im Umgang mit der bestehenden Unsicherheit hinsichtlich des schwammigen Begriffs der interdisziplinären Kompetenz (vgl. Lerch, 2017). Auch wenn weitere Studien die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere als die untersuchten Kontexte noch zeigen müssen, können die vorliegenden Erkenntnisse doch wichtige Impulse für die Aus- und Weiterbildung, für die Personalauswahl sowie entwicklung setzen. Zudem gibt die Arbeit Empfehlungen zur Gestaltung erfolgreicher interdisziplinärer Zusammenarbeit. Dass eine solche Förderung hinsichtlich des Teamklimas, des Austauschs und damit auch des Projekterfolgs lohnenswert ist, zeigt das Anwendungsbeispiel GRK 1126. Das entwickelte Modell „Interdisziplinäre Handlungskompetenz“ kann hierfür als Startpunkt dienen.

Translation of abstract (English)

The complexity of our modern world often demands solutions, which cannot be derived by only one single discipline. In a wide range of different fields, both, research and business institutions depend on successful interdisciplinary collaborations, when looking for advances in climate change, technical innovations, or biomedical products for example. Such a collaboration of experts from different fields, professional backgrounds, and disciplines working together, is referred to as interdisciplinary collaboration. As a form of team diversity, various different challenges and frictional losses pose a challenge to the success of multiple disciplinary collaboration. Diversity is considered to be a double-edge-sword: cognitive diversity is known to improve decision-making ability, creative problem solving, and innovative product development. However, team heterogeneity leads to less commitment, less satisfaction and more conflicts, impeding team success. Accordingly, specific problems occur in interdisciplinary collaboration. Disciplines differ not only by their subject matter and knowledge, but also according to jargon, methods, values, norms and practices. These different perspectives on the world lead to various challenges, like regarding communication: jargons and diverging perspectives on a topic lead to numerous misunderstandings. This is aggravated by conflicting assumptions about correct methods and work processes, from team dynamics like in- and outgroup-phenomena, stereotypes, prejudices through to disciplinary arrogance. To work successfully in such an environment, it is necessary to have a specific set of skills, abilities and competences. However, – beside numerous debates and speculations – in existing literature there is little evidence of how such interdisciplinary competency should look like. This paper tries to answer this question using a systematic and empirical approach. The aim is to build an empirical competence model for ‘interdisciplinary competency’ (studies 1, 2 and 3), to validate the model (studies 4 and 5) and to explore fostering activities in a research training group as a practical example (studies 6 and 7). The first research question addresses the modelling of interdisciplinary competency. First, the actual knowledge about interdisciplinary competences is summarized. Then, a qualitative study is used to explore the topic by interviewing project members of interdisciplinary teams (N = 33). Following Critical Incident Technique (Flanagan, 1954), critical behaviours and beneficial characteristics of interdisciplinary working people are collected and then analysed by qualitative content analysis (Mayring, 2010). This results in a list of 40 beneficial competences for interdisciplinary teamwork. Study 2, as the first expert study, is conducted to revise the model and to determine the necessary competence levels. Therefore, project leaders (N = 60) rate the competence lists by importance and necessary competence level for interdisciplinary work. Study 3, as the second expert study (N = 6), finalizes the model by excluding the competences without any incrementally value above skills needed for ordinary, disciplinary teamwork. The final model consists of 25 professional, methodological, social and personal competences. There is a high consensus between insights about problems and beneficial skills and abilities discussed in the literature and the competences stated in the model, so content validity can be assumed. The aim of the second research question is to validate the competence model further. Two studies examine the factor validity, construct validity and criteria validity by embedding interdisciplinary competency into a nomological network and analysing predictors and criteria using factor analysis and structural equation modelling. Study 4, a cross-sectional survey with interdisciplinary employees (N = 205), results in a 5-factoral solution with a second order factor. Interdisciplinary competency consists of five domains: Knowledge and Commitment, Exploration and Analysis, Communication and Inclusion, Understanding and Responsiveness, and Openness and Adaption. Results show further significant overlaps of interdisciplinary competency with interpersonal competences (convergent validity), but also unshared variance with social competence (discriminant validity). Prior interdisciplinary experience – but not ordinary work experience – and intensity of interdisciplinarity of previous projects are associated with higher levels of interdisciplinary competency. Furthermore, interdisciplinary competency is correlated with work engagement, job satisfaction and performance, pointing towards the criteria validity of the model. Study 5 is a weekly diary study to investigate the relative influence of interdisciplinary competency on performance and well-being next to daily teamwork processes. Employees (N = 80) complete brief surveys (N = 320) at the end of four consecutive weeks, that are analysed using a multi-level-approach. The strength of interdisciplinary interdependence in the team is positively associated with quality, quantity and intensity of weekly teamwork. However, weeks with higher interdisciplinary demands show less engagement and performance of individual members. Interdisciplinary competency fails to show a relationship with the teamwork characteristics but predicts, together with quality and intensity, employees’ work engagement, satisfaction and performance. Prior experience or frequency of contact, which should pose well known influencing factors according to literature, do not show any correlation with teamwork or employees’ reactions. Research question 3 covers the topic of promotion possibilities for interdisciplinary competency. The interdisciplinary DFG research training group GRK 1126 – a joint venture of Heidelberg University, Heidelberg University Hospital, German Cancer Research Center (DKFZ) Heidelberg and Karlsruhe Institute for Technology (KIT) – was evaluated over a period of three years and is used as a practical example for exploring promotion activities. Study 6 examines typical problem areas and challenges in biomedical research groups by interviewing members of GRK 1126 (N = 14) and discusses possible structural and personal interventions and promotion activities. Results show typical interdisciplinary challenges like prejudices, but also specific problems, like the diverging status and significance of research activity by computer scientists and physicists. A list of structural and personal activities to foster interdisciplinary collaboration is developed as guidance, like lab tours or informal time together. Study 7 describes a training for successful interdisciplinarity. Members of GRK 1126 (N = 18) participate in a one-day-training for successful interdisciplinary teamwork. Evaluation shows some short-term and long-term effects, like improved goal clarity, more reflective behaviour in the team, or better information sharing. When asked in a separate survey, the interdisciplinary partners of the participants confirm these results by stating that quality and quantity of the teamwork increased. Behaviours like perspective taking, showing more role clarity, and more team adhesion are positively influenced by the training course. In sum, this paper shows, which challenges occur in interdisciplinary collaboration and which specific set of competences should be promoted to work successfully in such a team. Therefore, this research contributes to the fuzzy literature and unclear use of the term interdisciplinary competences (cf. Lerch, 2017). Although future studies have to prove the applicability of the present results in more contexts and fields, the insights from this work can give beneficial impulses for education, training, personnel selection and development. Furthermore, recommendations about successful interdisciplinary collaboration are given. The positive outcome of such interventions are shown in the practical example GRK 1126. The competence model ‘interdisciplinary competency’ can be used as a starting point to foster interdisciplinary teamwork.

Document type: Dissertation
Supervisor: Sonntag, Prof. Dr. Karlheinz
Place of Publication: Heidelberg
Date of thesis defense: 17 November 2020
Date Deposited: 07 Jan 2021 10:54
Date: 2020
Faculties / Institutes: The Faculty of Behavioural and Cultural Studies > Institute of Psychology
DDC-classification: 150 Psychology
Controlled Keywords: Interdisziplinarität, Interdisziplinäre Forschung, Handlungskompetenz, Validierung, Personalentwicklung
Uncontrolled Keywords: Fachübergreifende Zusammenarbeit, Teamdiversität, Interdisziplinäre Kompetenzen, Kompetenzmodellierung, Kompetenzförderung, Kompetenzentwicklung, Training
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