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Abstract
Die ursprünglich schriftlose Kultur der Ainu – der autochthonen Bevölkerung Nordjapans und des südlichen Bereichs um das ochotskische Meer – hat eine literarische Tradition hervorgebracht, in der Erzählungen über Generationen hinweg rein mündlich überliefert wurden. Diese war bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts lebendig, brach dann aber schnell ab, als die Ainu zunehmend an die japanische Gesellschaft assimiliert wurden und ihre eigene Sprache nicht mehr an ihre Kinder und Enkel weitergaben. Dennoch gibt es auch heute noch Erzähler und Rezitatoren, die die alte Kunst nach wie vor beherrschen. Für die seit 2008 international als indigene Bevölkerung Nordjapans anerkannten Ainu gilt darüber hinaus das eigene literarische Erbe als wichtiger Pfeiler bei der Findung einer nationalen Identität. Die orale Literatur der Ainu fand bereits in den frühen Forschungen der Ainu-Kultur ein großes Interesse als sprachliches Korpus und wurde vor allem unter linguistischen Gesichtspunkten analysiert. Literaturwissenschaftliche Untersuchungen gibt es dagegen wenige. Erst seit Beginn des neuen Jahrtausends nimmt die Ainu-Literatur als solche einen größeren Raum in der Ainu-Forschung, aber auch in der Erforschung oraler Literatur allgemein ein. Die vorliegende Arbeit hat zum Ziel, zum einen die orale Ainu-Literatur in der deutschen Forschungslandschaft als Untersuchungsgegenstand einzuführen und zum anderen einen eigenen Forschungsbeitrag im Spannungsfeld zwischen linguistischer und literaturwissenschaftlicher Analyse zu leisten. Nach einer ausführlichen Einführung in die Geschichte und vormoderne Lebenswelt der Ainu stellt die Arbeit die beiden epischen Formen der oralen Ainu-Literatur – die epische Kurzform der Götterlieder (kamuy yukar) und die Langform der Heldenepen (yukar) – vor. Dabei wird auf inhaltliche, sprachliche und strukturelle Charakteristika eingegangen. Einen besonderen Beitrag leistet die Arbeit in Hinblick auf die Übertragung der perspektivistischen Weltsicht nach Viveiros de Castro auf das Glaubenssystem der Ainu, neuen Überlegungen zu den unterschiedlichen Flexionsformen der 1. Person in Umgangssprache, Götterliedern und Heldenepen, und die narratologische Analyse der literaturgeographischen Strukturen der beiden epischen Erzählformen. Teil II schließlich präsentiert eine repräsentative Auswahl von Erzählungen der Ainu-Literatur erstmals in deutscher Übersetzung.
Document type: | Dissertation |
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Supervisor: | Árokay, Prof. Dr. Judit |
Place of Publication: | Heidelberg |
Date of thesis defense: | 26 June 2017 |
Date Deposited: | 09 Jun 2021 12:34 |
Date: | 2021 |
Faculties / Institutes: | Philosophische Fakultät > Institut für Japanologie |
DDC-classification: | 390 Customs, etiquette, folklore 800 Literature and rhetoric 890 Literatures of other languages |