Directly to content
  1. Publishing |
  2. Search |
  3. Browse |
  4. Recent items rss |
  5. Open Access |
  6. Jur. Issues |
  7. DeutschClear Cookie - decide language by browser settings

Analyse der Aktivität des neuronalen Netzwerks mit Glioblastoma multiforme

Bock, Michael Günther

[thumbnail of Dissertation Michael Bock.pdf]
Preview
PDF, German
Download (9MB) | Terms of use

Citation of documents: Please do not cite the URL that is displayed in your browser location input, instead use the DOI, URN or the persistent URL below, as we can guarantee their long-time accessibility.

Abstract

Gliome sind die häufigsten primären Hirntumoren. Darüber hinaus zählt das Glioblastom als Astrozytom WHO Grad IV zu den Hauptursachen hirntumorbedingter Todesfälle in allen Altersgruppen. Die Mehrheit der Patienten stirbt innerhalb von 15-18 Monaten nach der Diagnose, wobei weniger als 5 % länger als fünf Jahre leben. Das Glioblastom ist eine Erkrankung des gesamten Gehirns, meist ohne Metastasierung, aber mit einer variablen fokalen Proliferationszunahme, die eine Tumormasse erzeugt, die häufig symptomatisch wird, sodass erst hierdurch eine Diagnosestellung erfolgt. Zusätzlich bildet es einen weitgehend unsichtbaren, diffus infiltrierenden Teil, der aus einem funktionellen Netzwerk von Glioblastom- und anderen Zellen der peritumoralen Mikroumgebung besteht. Tumorzellen sind dabei durch lange interkonnektierende Tumormicrotubes (Tumor-Nanoröhrchen, TM) verbunden. In der Interaktion zwischen Tumorzellen und der Mikroumgebung wird die bedeutendste Ursache der ausgeprägten Chemo- und Strahlentherapieresistenz gesehen. Mittlerweile ist bekannt, dass die Entwicklung der primären Hirntumore maßgeblich von der aktivitätsgesteuerten Sekretion von Neurotransmittern und Neurotrophinen als Differenzierungsregulatoren der gesamten zellulären Mikroumgebung abhängt. Neben bereits einigen bekannten aktivitätsregulierenden Molekülen wie BDNF, EGFR und NLGN3 setzte sich außerdem bereits die Erkenntnis durch, dass die Übererregbarkeit neuronaler Schaltkreise, unter anderem durch erhöhte Glutamat-Ausschüttung und Expression von NMDA- und AMPA-Rezeptoren, ein weiterer elementarer Progressions- und damit Malignitätsfaktor der Glioblastome darstellt. Insbesondere der Nachweis von direkten neuroglialen Synapsen (neuron-glia Synapse, NGS), dem Vorkommen von Connexin 43 (Cx43) und die dadurch einhergehende direkte elektrische Verbindung mittels intrazellulärer Kalziumwellen (ICW) zwischen Neuronen und Glioblastomzellen, führte zu der Hypothese, dass die elektrische Aktivität von Neuronen ein direktes Wachstumssignal des Tumors darstellt. Neurone werden morphologisch in eine somatodendritische Domäne, die eingehende Informationen empfängt und integriert und in eine axonale Domäne, die entscheidend für die Initiierung der Aktionspotenziale (APs) ist und damit eine wichtige Rolle bei der Regulation zellulärer Erregbarkeit einnimmt, eingeteilt. Mittlerweile ist bekannt, dass das Axoninitialsegment (AIS) und seine morphologischen Parameter sowohl unter physiologischen, als auch pathologischen Bedingungen ein entscheidender Regulator neuronaler Erregbarkeit darstellt. Aus dieser Struktur-Funktionsbeziehung ergibt sich die Hypothese, dass die Länge des AIS ein Indikator für den individuellen Erregungszustand sowie die Erregbarkeit einzelner Neurone darstellt: Auf gesteigerte Netzwerkaktivität reagieren Neurone mit einer AIS Verkürzung, was wiederum zu einer Reduktion zellulärer Erregbarkeit führt. Umgekehrt werden im aktivitätsdeprivierten Netzwerk die AIS der betroffenen Neurone länger und die Zellen damit erregbarer. Dies könnte direkten Einfluss auf die Tumorprogression und -Invasivität haben. Aufgrund der Beobachtung, dass in humanen Glioblastom-OP-Resektaten keine replizierbaren und kontrollierten Bedingungen vorherrschen wurde die Methode der organotypischen Kulturen (OTC) etabliert. Damit sollte der Frage auf den Grund gegangen werden, inwiefern Tumorwachstum Einfluss auf die neuronale Aktivität hat. Bei OTC handelt es sich um Schnittkulturen von Maushirnen, bei denen die organtypische Zytoarchitektur und Gewebsintegrität über mehrere Wochen erhalten bleibt. Dadurch stellen sie ein gut replizierbares, tierschonendes und vor allem modulierbares Modell zur Untersuchung vieler Fragestellung am Gehirn dar. Die Herausforderungen bei der Etablierung dieses Models waren die Vitalität und Integrität des Gewebes und Tumorinvasion bei erhaltener 3D Zytoarchitektur sicherzustellen und diese Strukturen zuverlässig elektrophysiologisch untersuchen und immunzytochemisch anfärben zu können. Mit Hilfe einer Kombination aus Immunfluoreszenzfärbungen, konfokaler Mikroskopie, 3D- Rekonstruktion und elektrophysiologischen Ganzzell-Ableitungen wurde ein breites Spektrum anatomischer und funktioneller Parameter abgebildet, die die Effekte von Interkonnektivität beleuchten sollten. Nach Etablierung der OTC gelang es, replizierbare Gliomzell-Nester auf vitalem Hippocampusgewebe zu kultivieren und so gesunde Hirnkulturen mit tumorbefallenen Kulturen zu vergleichen. Hierzu wurden sowohl morphologische Kriterien am AIS und funktionelle Kriterien per elektrophysiologischer Ableitungen verglichen. In mehreren Versuchen wurden die AIS-Längen innerhalb der CA-Region des Hippocampus analysiert. Im ersten Schritt wurde die grundsätzliche Entwicklung der AIS-Länge im Hippocampus untersucht, bevor dann in Kontrollen und Tumor-OTC eine umfangreiche morphometrische Analyse angeschlossen wurde. Hierbei stellte sich heraus, dass Schnitte der Tumor-OTC deutlich längere AIS besitzen. Um verschiedene verzerrende Faktoren auszuschließen, untersuchten wir AIS sowohl zu unterschiedlichen Zeitpunkten in vitro (DIV), als auch unterschiedlicher Präparationsalter der Mäuse. Mehrere Mechanismen könnten zur Verlängerung der AIS beitragen. Veränderung der synaptischen Übertragung und der Ionenkanalexpression verschiedenster Neurotransmitter und Ionen könnten bei übererregbarer Mikroumgebung zur erhöhten Erregbarkeit einzelner Neurone führen. Denn es gilt als gesichert, dass eine gesteigerte neuronale Erregung das Tumorwachstum fördert und die Mechanismen der parakrinen und autokrinen Sekretion verschiedenster Neurometabolite die Erregbarkeit der Mikroumgebung erhöhen. Es gibt eine Vielzahl möglicher Mechanismen, nicht zuletzt GABAerg und glutamaterg vermittelt, die den Effekt einer erhöhten Erregbarkeit trotz übererregter Mikroumgebung erklärbar machen. Wir konnten, vermutlich methodisch bedingt, keine veränderten Feuereigenschaften aus den elektrophysiologischen Messungen mit den Ergebnissen der morphologischen Messungen korrelieren. Aufgrund der kleineren Probengröße gehen wir davon aus, dass die elektrophysiologischen Ergebnisse nicht repräsentativ waren, sodass weitere Untersuchungen für eine Korrelation notwendig sind. Es erscheint ebenso möglich, dass die Effekte einer invasions- und progressionsfördernden Neurotransmitter- und Neurotrophinsekretion sich demnach weniger auf einzelne Zellen, als auf die ganze Mikroumgebung beziehen. In der vorliegenden Arbeit konnte zudem nachgewiesen werden, dass auch in OTC direkte Zellkontakte zwischen Tumor- und Nervenzellen mittels Cx43, u.a. auch am AIS auftreten und die Anzahl der Kolokalisationen umgekehrt proportional mit der AIS-Länge korreliert. Diese direkten elektrischen Kontaktstellen könnten Veränderungen der Langlebigkeit per direktem Molekül- und Ladungsaustausch erklären. Die vorliegende Arbeit liefert einen deutlichen Hinweis darauf, dass Tumorwachstum im Gehirn einen erheblichen Einfluss auf die AIS-Länge individueller Neurone sowie das Expressionsprofil von Cx43 nimmt und damit indirekt neuronale Erregungsmuster beeinflussen kann. Die hier gewonnen Daten liefern einen weiteren wichtigen Hinweis darauf, dass Veränderungen neuronaler Aktivitätsmuster einen Einfluss auf die Progression, Invasion und damit die Malignität von Glioblastomen nehmen können und diese Veränderungen nicht nur von Neuron-Glia-Synapsen (NGS) ausgehen müssen. Glioblastomen scheint es zu gelingen, ihre Mikroumgebung über mehrere Zelltypen hinweg der eigenen Progression dienlich zu modulieren, sodass in diesen Modulationsmechanismen auf mehreren Ebenen pharmakologische Interventionsmöglichkeiten bestehen könnten. In vielen dieser Mechanismen sind klinische Studien bereits in Erprobung.

Document type: Dissertation
Supervisor: Schultz, Prof. Dr. med. Christian
Place of Publication: Heidelberg
Date of thesis defense: 21 March 2024
Date Deposited: 12 Jun 2024 09:41
Date: 2024
Faculties / Institutes: Medizinische Fakultät Mannheim > Dekanat Medizin Mannheim
DDC-classification: 570 Life sciences
610 Medical sciences Medicine
Additional Information: Mannheim Center for Translational Neuroscience (MCTN) Institut für Neuroanatomie
About | FAQ | Contact | Imprint |
OA-LogoDINI certificate 2013Logo der Open-Archives-Initiative