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Abstract

Diese Dissertation verfolgt einen sozialhistorischen Ansatz und widmet sich einer weitgehend in Vergessenheit geratenen Phase der jüdischen Geschichte Tunesiens in den Jahren 1940 bis 1943 – während der Herrschaft des Vichy-Regimes und der anschließenden Besatzung durch nationalsozialistisches Deutschland. Im Zentrum der Untersuchung steht die Analyse der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen der kollaborierenden französischen Verwaltung sowie der deutschen Militärpräsenz auf die jüdische Bevölkerung des Landes. Die Studie stützt sich auf eine breit gefächerte Quellengrundlage, darunter zeitgenössische französische und deutsche Verwaltungsakten, Protokolle jüdischer Gemeinden, persönliche Zeugnisse sowie internationale diplomatische Berichte. Durch diese multiperspektivische Herangehensweise werden sowohl die strukturellen Dimensionen der antijüdischen Maßnahmen wie Berufsverbote, Zwangsarbeit und Enteignung als auch die Reaktionen und Überlebensstrategien der jüdischen Gemeinschaft sichtbar gemacht. Auch die Haltungen und Reaktionen anderer gesellschaftlicher Gruppen – insbesondere muslimischer Tunesier, französischer Kolonialisten sowie Angehöriger der italienischen Gemeinschaft – werden einer vertieften Analyse unterzogen. Ein besonderer Fokus liegt auf der deutschen Besatzungszeit zwischen November 1942 und Mai 1943, die bislang nur unzureichend erforscht ist und ein zentrales, oftmals übersehenes Kapitel tunesisch-jüdischer Leidensgeschichte darstellt. Die Arbeit versteht sich als Beitrag zur transnationalen Holocaustforschung und unterstreicht die Notwendigkeit, nordafrikanische Erfahrungsräume stärker in die europäisch dominierte Erinnerungskultur sowie in die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus einzubeziehen.