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Landschaftsgeschichte und menschlicher Einfluss im Umfeld der Schwetzinger Hardt seit dem Würm-Hochglazial

Holzhauer, Ingmar

English Title: Landscape evolution and human impact in the Schwetzinger Hardt since the Last Glacial Maximum

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Abstract

Die Schwetzinger Hardt und die sie umgebenden ehemaligen Auenbereiche von Kinzig-Murg- Rinne und Leimbach bilden naturräumlich sehr gegensätzliche Landschaftseinheiten. Teilweise sind grundlegende Aspekte und landschaftsgenetische Zusammenhänge noch immer nicht verstanden oder überhaupt nicht wissenschaftlich untersucht worden. Die vorliegende Arbeit behandelt daher offene Fragen der Landschaftsgenese am nördlichen Oberrhein im Umfeld des zentralen großen Flugsandvorkommens der Schwetzinger Hardt seit dem Würm-Hochglazial. Drei wesentliche Themenkomplexe werden behandelt, die bei der bisherigen wissenschaftlichen Bearbeitung keine oder zu wenig Beachtung fanden oder aber einer Revision bedürfen: 1. Genese und Altersstellung der Flugsande und Flugsanddünen, 2. Evolution und flussgeschichtliche Zusammenhänge zu den nördlichen Abschnitten der Kinzig-Murg-Rinne, 3. Anthropogener Einfluss auf Relief und Boden mit besonderer Beachtung der naturräumlichen Übergangsbereiche. Die Arbeit verfolgt einen multimethodischen Ansatz. Neben der Anlage von Schürfgruben und Rammkernsondierungen zur Gewinnung von boden- und sedimentbezogenen Daten kommen auch bodenchemische und schwermineralogische Untersuchungen zum Einsatz. Zweidimensionale Informationen über sedimentologische Verhältnisse im Untergrund werden durch den umfassenden Einsatz der Geoelektrischen Tomographie gewonnen. Anhand des kombinierten Einsatzes der Geländemethoden können präzise Informationen über den Aufbau der oberen Bereiche des oberflächennahen Untergrundes generiert werden. Die Transformation auf eine übergeordnete, sowohl räumliche wie auch inhaltlich-interpretative Ebene erfolgt durch den Einsatz von Radiokohlenstoffdatierungen und die Hinzuziehung von OSL-Datierungen sowie durch die Auswertung digitaler Geländemodelle. Nach einer umfassenden Darstellung des Forschungsstandes zur regionalen Landschaftsgeschichte am Oberrhein werden die Untersuchungsergebnisse stets in Toposequenzen präsentiert und gegliedert nach den Teiluntersuchungsgebieten dargestellt. Nachfolgend werden die Ergebnisse zur Interpretation landschaftsgenetischer Zusammenhänge auf einer höheren räumlich-zeitlichen Ebene zusammengefasst und letztlich daraus landschaftsgeschichtliche Szenarien entworfen. Die erzielten Ergebnisse schließen Lücken im Forschungsstand, werfen dennoch neue Fragestellungen auf und lenken den Blick auf nach wie vor nicht geklärte Probleme der Landschaftsgeschichte im süddeutschen Raum. Bezogen auf die drei Themenkomplexe stellen sich die Ergebnisse wie folgt dar: 1. Es ist davon auszugehen, dass alle Flugsandvorkommen ihre ursprüngliche Anlage bereits präallerödzeitlich erfuhren, da auf allen zentralen Flugsanddünen LST- und schluffführende Hauptlagen entwickelt sind, die jungdryaszeitlich auf bereits vollständig entwickelten Flugsanddünen entstanden. Die Genese der Flugsanddünen ist somit mindestens in die Älteste oder Ältere Dryas zu stellen, in denen die Flugsande zu teilweise hohen, sich aus zahlreichen Parabeldünen zusammensetzenden Dünenstaffeln aufgeweht wurden. Nicht zuletzt aufgrund der kurzen Dauer beider Stadiale ist möglicherweise von einer teilweise schon wesentlich früheren Genese der Flugsandvorkommen im ausgehenden Hochglazial (~18–16 ka) auszugehen, sofern diese auf leicht erhöhten Bereichen der Niederterrasse zur Bildung kamen, die von den verbreitet auftretenden Hochflutereignissen nicht mehr erreicht werden konnten. Eine Fortführung der Flugsandgenese und Weiterentwicklung zu Parabeldünenzügen in der Ältesten und Älteren Dryas ist infolge der kurzfristigen Rückkehr zu kaltzeitlichen Bedingungen kaum zu bezweifeln. Flugsandremobilisationen fanden nach dem zügigen klimatischen Abschwung zu trocken-kalten Bedingungen in der zweiten Hälfte der Jüngeren Dryas nur in randlichen, zuvor von Teilabschnitten der Kinzig- Murg-Rinne oder von Rinnen im Neckarschwemmfächer seitenerosiv angegriffenen älteren Flugsanddünen statt. Die trocken gefallenen fluvialen Rinnen wurden schnell mit Gesamtweiten von 15 m bis im Einzelfall von ca. 200 m überdeckt. Zudem ist im Zusammenhang mit jungdryaszeitlicher äolischer Dynamik auf das im Rahmen dieser Arbeit erneut aufgeworfene Problem einer Deckschichtenbildung in Flugsanden hinzuweisen. Trotz der palynologischen Befunde, die auf eine Vegetationsbedeckung mit lichten Wäldern in der Jüngeren Dryas hinweisen, sprechen die Ergebnisse dieser Arbeit für gelisolifluidale Prozesse unter vegetationsarmen, kurzzeitigen periglaziären Umweltbedingungen. 2. Der Nordabschnitt der Kinzig-Murg-Rinne setzt sich aus zwei isochron entwickelten Abschnitten zusammen („Leimener Arm“ und „Mingolsheimer Arm“). Entgegen der in der bestehenden Literatur vertretenen Auffassung existierten sowohl der Leimener als auch der Mingolsheimer Arm bis zur Wende vom Atlantikum zum Subboreal fort, wobei der Leimener Arm im Holozän bereits stark verringerte Abflüsse aufwies. Aufgrund übereinstimmender Datierungen von Niedermoortorfen aus den Altläufen kann die in älteren Arbeiten postulierte Annahme einer synchronen Verlandung aller nördlichen Abschnitte der Kinzig-Murg-Rinne bestätigt werden. Dieser Vorgang dürfte mit dem Durchbruch der Murg zum Rhein im Raum Rauental bei Rastatt südlich Karlsruhe am Ende des Atlantikums in Verbindung zu bringen sein. Die zeitgleiche Existenz beider Arme lenkt den Blick auch auf die Diskussion um Gerinnebetttransformationen im Spätglazial. Im Nordabschnitt der Kinzig-Murg-Rinne räumlich eng benachbart existierten im Spätglazial synchron bereits stark mäandrierende (Mingolsheimer Arm) und mehrfadige, leicht sinuos schwingende Gerinnebettmuster (Leimener Arm). Die kontrovers diskutierte Frage nach einer Fortsetzung der Kinzig-Murg-Rinne nördlich des Neckarschwemmfächers unter Aufnahme des Odenwaldneckars kann nach den vorliegenden Ergebnissen verneint werden. Vielmehr sprechen die Befunde für zumindest episodische Abflüsse von mehreren fluvialen Rinnen im südlichen Neckarschwemmfächer zur Kinzig-Murg- Rinne, die während ihrer gesamten spätglazial-holozänen Existenzdauer im Bereich zwischen Ketsch und Mannheim-Rheinau in die rezente Rheinaue einmündete. 3. Die Befunde zu Art und Umfang des menschlichen Einflusses auf Relief und Böden des Untersuchungsgebietes ergaben ein kompliziertes Bild. Insbesondere in den naturräumlichen Grenzbereichen der Flugsanddünen und Auenbereiche liegen komplexe Abfolgen und Verzahnungen verursacht von prä-, syn- und postsedimentären Auelehmabsätzen und Flugsandremobilisierungen im Hoch- und Spätmittelalter vor. Erwartungsgemäß sind teilweise massive mittelalterliche Landschaftseingriffe mit Bildung mehrerer Meter mächtiger Kolluvien in der Schwetzinger Hardt nahe der mittelalterlichen Siedlungskerne nachweisbar. Kleinräumig treten hierbei große Unterschiede auf, die sicherlich direkt auf eine variierende Nutzung zurückzuführen sind. Die zentrale Schwetzinger Hardt ist hingegen auch im Bereich steiler Leehänge von Flugsanddünen kaum von Bodenerosionserscheinungen oder Flugsandremobilisationen betroffen, was auf geringere Nutzungsintensitäten mit niedrigem Anteil der die Bodenerosion begünstigenden Rodungsflächen im Mittelalter und der frühen Neuzeit zurückzuführen ist. Überraschend sind ebenfalls Ausmaß und Intensität von Bodenabtrag und Kolluviation im Bereich der Niederterrasse. Trotz allgemein nur geringer Reliefenergie sind gekappte Bodenbildungen und korrelate, teils mächtige Kolluvien in kleineren Geländedepression verbreitet anzutreffen. Der Umfang der Sedimentation lößbürtiger Auelehme aus den Einzugsgebieten von Leimbach und Kraich übertraf die erwarteten Ausmaße. Das frühmittelalterliche Auenniveau ist vollständig von hoch- und spätmittelalterlichen Auelehmen überdeckt worden. Die Hochwasserabflüsse müssen teilweise katastrophale Ausmaße gehabt haben, da neben den großen Mächtigkeiten der Auelehmpakete diese zudem sogar auf der Niederterrasse zum Absatz kamen.

Translation of abstract (English)

The Schwetzinger Hardt and the surrounding flood plains of the Kinzig-Murg-Rinne and Leimbach river systems form two very different and distinctive landscape units. Partially, basic aspects of landscape evolution have not been understood or been scientifically investigated at all. The study at hand gives attention to these problems and discusses the landscape evolution of the northern Upper Rhine Graben segment since the LGM with the widespread aeolian sand deposits of the Schwetzinger Hardt as a central part of the investigation area. Three main subject areas are discussed, which need to be revised or have not been investigated sufficiently: 1. Evolution and age dating of the aeolian sands and sand dunes, 2. Evolution and interrelations of the northern parts of the Kinzig-Murg-Rinne river system, 3. human impact on relief and soils with special regard to the transient areas of the landscape units. The study at hand uses a multi-method approach with investigation of soil profiles in pits and encountered by percussion drilling for the achievement of soil and sediment related data. Furthermore, pedochemical investigations and heavy mineral analyses are being conducted. Twodimensional data of sedimentological constitutions is obtained by the extensive application of Earth Resistivity Tomography (ERT). The combined application of field methods generates a precise mapping of the subsurface structures. Transformation to a higher level of analysis and interpretation is achieved by utilization of various dating methods like radio carbon dating and implicated Optical Stimulated Luminescence (OSL) datings and DEM. Based on a comprehensive discussion of the current state of research concerning the regional landscape evolution of the northern Upper Rhine Valley the results are presented consequently in toposequences for each working area in the landscape units investigated in this study. The findings are summarized in a higher level of spatiotemporal regard for interpretation of coherences of the landscape evolution. The achieved results bridge gaps in the state of research while raising new questions and focussing in on unresolved problems of investigation on landscape evolution in southern Germany. Subsequent fundamental results could be achieved according to the three main subject areas. 1. Virtually all aeolian sand deposits in the investigation area were initially formed in the Pre- Allerød. All central sand dunes are covered with LST- and silt-bearing Upper Beds formed in the Younger Dryas cooling event on completely consolidated dunes. Thus, the formation of the widespread parabolic dune ridges has to be related to the Older and Oldest Dryas. The very short periods of possible aeolian activity in these stadials lead to the conclusion of a considerably older main phase of initial forming of the aeolian sand deposits towards the last phase of the LGM (18– 16 ka BP), as long as the formation took place on slightly elevated parts of the lower terrace which could no longer be affected by high flood events. However, continued formation and differentiation of parabolic dunes in the Oldest and Older Dryas is hardly to be doubted in consequence of the throwback to colder climatic conditions. Within the quick climatic change to more cold and distinctive arid conditions in the second half of the Younger Dryas, remobilisation of aeolian sand deposits was limited to distal dunes adjacent to active channels of the Kinzig-Murg-Rinne river system or channels according to the Neckar alluvial fan which affected the dunes by lateral erosion. The reactivated dunes migrated rapidly across the inactivated channels nearby with total distances of 15 m up to approximately 200 m in particular. Furthermore, the apparent problem of aeolian activity in the Younger Dryas cooling contrasts with inconsistent palynological findings that suggest a perennial vegetation cover with open forest. The results of this work indicate solifluction processes under a sparse vegetation cover due to short-term periglacial environmental conditions. 2. The northern part of the Kinzig-Murg-Rinne river system is composed of two isochronously formed river arms (the “Leimener arm” and “Mingolsheimer arm”). In contrast to the assumptions of former studies, the Leimener arm as well as the Mingolsheimer arm seem to have existed up to the transition from the Atlantic to the Subboreal with strongly reduced discharge in case of the Leimener arm, however. Based on consistent radiocarbon and palynological datings conducted on peats derived from the abandoned river branches the assumption of former studies of a synchronous inactivation of the complete northern parts of the Kinzig-Murg-Rinne river system could be confirmed. This event can be associated with the break-through of the Murg river to the Rhine in the area of Rauental nearby Rastatt south of Karlsruhe at the end of the Atlantic. Furthermore, the contemporaneous existence of both river arms refers to the discussion of river bed transformations during the Late Glacial. Closely spaced, the intensively meandering Mingolsheimer arm existed synchronously with the multi-channel and slightly sinuous river bed of the Leimener arm in the northern parts of the Kinzig-Murg-Rinne. The controversial issue concerning a continuation of the Kinzig-Murg-Rinne river system north of the Neckar alluvial fan while receiving the full discharge of the Odenwald Neckar could be negated. In fact, the Kinzig-Murg-Rinne obtained at least episodically discharges from several fluvial channels in the southern part of the Neckar alluvial fan and had its outlet to the recent floodplain of the Rhi ne amongst Ketsch and Mannheim-Rheinau during the whole Lateglacial and Holocene. 3. The results concerning character and scale of the human impact on relief and soils of the investigation area showed extensive patterns, which are mainly affected by complex, high to late medieval sequences and interfingerings of pre-, syn- and postsedimentary flood plain deposits and remobilised aeolian sands in the border zones of the main landscape units. As expected, the evidence of excessive medieval impact on the Schwetzinger Hardt under formation of partly thick colluvial layers and dune remobilisations was detected adjacent to the medieval nuclei of settlements. However, immense and small-scale variations of this obvious spatial pattern were determined, which certainly refer to differences in land use history. In contrast, even the steepest leeward slopes of dunes in the central parts of the Schwetzinger Hardt are barely affected by soil erosion and colluviation due to less extense land use intensity with only marginal forest clearences in medieval times and the early modern age. The dimensions and intensity of soil erosion and colluviation on the lower terrace were also unattended. Despite generally low amounts of local relief, truncated soil profiles and correlate, partly thick colluvial layers in small depressions were frequently encountered. The extent of sedimentation of loess-bearing floodplain deposits deriving from the catchment areas of the small Leimbach and Kraich streams exceeded the expected extent. Due to the fact that virtually all early medieval or older flood plain levels were buried by floodplain fines, some of the underlying high to late medieval flood flows must have occurred with a catastrophic extent. In some areas, the correspondent fines were deposited even on the lower terrace.

Document type: Dissertation
Supervisor: Bubenzer, Prof. Dr. Olaf
Place of Publication: Heidelberg
Date of thesis defense: 30 October 2013
Date Deposited: 19 Nov 2013 09:56
Date: 2013
Faculties / Institutes: Fakultät für Chemie und Geowissenschaften > Institute of Geography
DDC-classification: 550 Earth sciences
910 Geography and travel
Controlled Keywords: Äolische Sedimentation, Kinzig-Murg-Rinne, Niederterrasse, Oberrheingraben <Nord>, Kolluvium, Auelehm, Geoelektrik
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