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Die achtzehn Wandbilder zum "Hong Lou Meng" im "Chang Chun"-Palast der Verbotenen Stadt

Bauer, Nicoletta

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PDF, German
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Abstract

Im nordwestlichen Sektor der Verbotenen Stadt, dem Kaiserpalast in Beijing, liegt der„Chang Chun Gong” (Palast zum Ewigen Frühling). Er besteht aus einer Halle mit anliegenden Nebenkammern, vor der sich ein ummauerter Hof ausbreitet. Der „Chang Chun Gong” gehört zu einem Ensemble ähnlich angelegter, hinter- und nebeneinander angeordneter Höfe, den Xi Liu Gong ( Sechs westlichen Palästen), die vorwiegend der privaten Nutzung durch die kaiserliche Familie dienten. Von den übrigen der Sechs westlichen Palasthöfe unterscheidet sich der „Chang Chun Gong” durch eine Besonderheit: um den Innenhof verläuft ein überdachter Wandelgang, dessen Wandflächen vollständig mit Malereien ausgeschmückt sind. Die Darstellungen mit Figuren inmitten einer grandiosen Gartenlandschaft gehen auf eines der wichtigsten und populärsten Werke der chinesischen Literatur, der Roman „Hong Lou Meng” ( Traum der Roten Kammer) zurück. Trotz des prominenten Aufenthaltsortes und des überaus bekannten Bildmotivs sind die Wandbilder bislang weitgehend ignoriert und nicht untersucht worden. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Als Arbeit von Handwerkern fallen die Wandbilder in eine für weniger wertvoll erachtete Kategorie von Kunst. Außerdem sind die Bilder in Perspektive gemalt, einer ursprünglich westlichen Maltechnik, die bis in die jüngere Vergangenheit Ablehnung hervorruft, was die Ressentiments gegenüber dem Westen aufgrund der aggressiven und teils barbarischen Kolonialbestrebungen europäischer Staaten im 19. Jahrhundert spiegelt. Von der Witterung sind die Wandmalereien im Laufe der Zeit sehr stark angegriffen, die Farben sind verblasst , die Aufschriften unleserlich geworden , was dem Betrachter, der mit dem Roman nicht ausreichend vertraut ist, die Entzifferung und das Verständnis der Bildszenen erschwert. Die Rätselhaftigkeit der Wandbilder erhöht sich noch dadurch, dass die Szenen nicht in einer chronologischen Abfolge angeordnet sind. Was aber bedeutet es, wenn der überaus beliebte, wenn auch profane Romanstoff des „Hong Lou Meng” als Bildmotiv für den Palast gewählt wird? Was genau ist es, das die Leserschaft am kaiserlichen Hof an diesem Roman so sehr beeindruckt und bewegt, dass sie sich dazu entschließt, einen ihrer privaten Wohnstätten mit dieser Geschichte zu dekorieren? Zur Beantwortung derartiger Fragen gilt es zuerst zu sichten, welche Episoden des mit 120 Kapiteln recht umfangreichen und in seiner Handlung sehr verwobenen Romans auf den Wandbildern vorkommen, denn auch dazu gibt es bisher keine komplette Untersuchung. Die Ikonographie und die mögliche Zuordnung der Wandbilder zu einem Kapitel des Roman stehen daher am Anfang der Arbeit. Im darauf folgenden Teil wird die Frage nach dem Zeitpunkt, zu welchem die Wandbilder gemalt wurden, geklärt , wofür ebenfalls bislang zwar unterschiedlichste, aber keine gesicherten Vorschläge bestanden. In der Art wie Wandbilder gemalt sind, ob sie auf Vorbilder zurückgreifen und wenn, auf welche, oder ob sie völlig neu gestaltet wurden, sind sowohl für die kunsthistorische Einordnung und als auch für den historischen Kontext relevante Informationen inbegriffen. Dieser Betrachtung widmet sich die Arbeit im Kapitel „Stil” . Zur Untersuchung der Figuren auf den Wandbildern besteht sehr vielfältiges Vergleichsmaterial aus Buchillustrationen, Neujahrsbildern sowie auch Bilder vom Genre „Darstellungen schöner Frauen”. Ein besonderes stilistisches Merkmal der Wandbilder stellt die perspektivische Darstellung des Hintergrundes dar. Perspektivische Malerei war von europäischen Jesuiten eingeführte westliche Maltechnik, die im 18. Jahrhundert große Begeisterung auslöst und in die chinesische Kunst übernommen wird. Im 19. Jahrhundert aber, als die Konflikte mit dem Westen eskalieren, findet perspektivische Malerei trotz ihres “westlichen”Ursprungs wohl vor allem unter dem Gesichtspunkt, ein möglichst realistischen und authentisches Abbild zu geben, als Ersatz photographische Reproduktionen besondern im Genre von Guckkastenbildern, Landschafts- ansichten oder auch Illustrationen zu Zeitungsartikeln Anwendung. Zwei der Wandbilder sind als „trompe l´oeils” gemalt, also in einer dem Auge des Betrachters einen nahezu echten Anblick vortäuschenden Manier. Hierbei wird einerseits auf eine Stelle des Romans hingewiesen, in welcher die verblüffende Wirkung von Perspektive thematisiert ist. Andererseits wird dadurch ein enger Bezug von Raum (Palasthof) und Bild (Roman) hergestellt. Besondere Aufmerksamkeit verdient die Architektur auf den Wandbildern. Neben einer bemerkenswerten Vielfalt an Dekors und erstaunlichen Detaillefreude irritieren die Darstellungen von Architektur besonders durch die Wiedergabe ein und des selben Ortes durch komplett unterschiedliche Gebäudetypen. Bemerkenswerterweise ist die dargestellte Architektur auch nicht den Vorgaben des Romantextes nachempfunden, sondern wird durch Gebäudentypen nach Vorbildern aus den kaiserlichen Gartenanlagen ersetzt, was nicht zufällig sondern geschieht, sondern eine bestimmte Absicht verfolgt. Ein vergleichbar großes, wand füllendes Format wie die Wandbilder besitzt einzig eine Bildrolle, die heute im „Lishi Bowuguan”, dem Historischen Museum, in Beijing bewahrt wird. Über diese Bildrolle, die im Romangarten ist nur wenig bekannt. Sie scheint wesentlich von Wandbilder des “Chang Chun Gong” beeinflusst und zeitlich später entstanden zu sein . Der letzte Teil der Arbeit betrachtet die Wechselbeziehungen zwischen Roman, kaiserlichen Gärten und „Chang Chun Gong”sowie die Parallelen zwischen Romanheld und halbwüchsigen Kaisern. Eingebettet in den historischen Zeitraum, der als Datum für die die Entstehung der Wandbilder ermitteltet wurde, fügen sich die Teilergebnisse aus den diversen Abschnitten der Arbeit zu einem Gesamtbild, das die Einzigartigkeit hinter der in der gezielten Auswahl auf den Kontext Palasthofes namens Chang Chun Gong abgestimmten Auswahl des Bildmotivs klar werden. Die vorliegende Arbeit ist die erste umfassendere Untersuchung zu diesem Thema und kann dem Anspruch, die einzige mögliche Erklärung und Interpretation der Wandbilder zu liefern, sicher nicht gerecht werden. Sie ist ein erster Schritt und der Versuch, den Wandbilder des „Chang Chun Gong” aus ihrem Schattendasein zu verhelfen, denn Wandbilder zum Motiv „Hong Lou Meng” existieren kein zweites Mal.

Document type: Dissertation
Supervisor: Ledderose, Prof. Dr. Lothar
Date of thesis defense: 13 July 2005
Date Deposited: 20 Mar 2014 07:06
Date: 2014
Faculties / Institutes: Philosophische Fakultät > Institut für Kunstgeschichte Ostasiens
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