1. Home
  2. Search
  3. Fulltext search
  4. Browse
  5. Recent Items rss
  6. Publish

Das Lehrbild als Karikatur. Misogyne Psychologie im Garten der Lüste von Jheronimus Bosch

Michael, Meinhard

[thumbnail of Michael_Das_Lehrbild_als_Karikatur_2024.pdf]
Preview
PDF, German
Download (2MB) | Lizenz: Rights reserved - Free Access

For citations of this document, please do not use the address displayed in the URL prompt of the browser. Instead, please cite with one of the following:

Abstract

Der Garten der Lüste von Jheronimus Bosch ist, wie bereits mehrmals erörtert, kein Wimmelbild, sondern eine ausgesprochen ausgeklügelte Komposition mit geradezu ‚wissenschaftlich-theoretischen‘ Inhalten, freilich zum Zwecke einer Karikatur. In diesem Aufsatz, der frühere Ergebnisse ergänzt und korrigiert, wird zunächst der ikonografische Hintergrund für das Rad der Sinne im Bild erweitert. Es ist um 1500 entstanden, bevor sich eine Konvention für die Sinnes-Darstellung herausgebildet hatte. Es zeigt sich, dass das ältere Bestiaire d’amour des Richard de Fournival (um 1500 auch in der Bibliothek der Burgunder) bzw. eine davon ausgehende Praxis motivische Anregungen gegeben haben könnte. Damit wäre das bisherige Rätsel des Motivs für das Gehör im Bild gelöst und darüber hinaus ein willkommenes Motiv für die Summe der missbrauchten Sinne gefunden. Die ‚Sinnestheorie‘ des Bildes geht über die fünf äußeren Sinne weit hinaus. Um die Herleitung über eine Aristoteles-Illustration von Conrad Gesner zu verstehen, wird zunächst die dreigeteilte Struktur des Bildes erläutert – die drei Teile sind von vorn-unten nach hinten-oben auf der Mitteltafel schnell zu unterscheiden. Die Dreiteilung hat auch eine psychologische Ebene: anima vegetativa/sensitiva/rationalis. Es wird erörtert, wie mit ‚Szenen der Willensfreiheit‘ das vordere Drittel als Bereich der anima rationalis gekennzeichnet ist und wie die beiden oberen Bereiche vom unteren strikt getrennt sind – wie also der Leib, bestehend aus als anima sensitiva und anima vegetativa, vom Geist distanziert wird. Ist diese Dreiteilung deutlich geworden, kann, ausgehend von Gesner/Aristoteles, verstanden werden, wie das Baum-Zelt als eine Verstandesform (vis cogitativa) inszeniert ist. Davon ausgehend können die mit dem Baum-Zelt im Verbund stehenden beiden anderen Kleinarchitekturen als Formen für Imagination/Gedächtnis und die (negative) Fantasie identifiziert werden. Es ist somit eine komplette Inszenierung der fünf äußeren Sinne und der (hier ebenfalls fünf) inneren Seelenkräfte beisammen. Insofern wird der Garten der Lüste als ein Bild verstanden, das üblicherweise diagrammatisch dargestellte Inhalte in eine Landschaftsszene überführt. Die Psychologie ist kein Selbstzweck. Das Triptychon denunziert die Psyche der Frau in der Höhle, die, wie andernorts gezeigt, gerade aus einem Traum erwacht. (Der Essay erweitert und korrigiert meine früheren Versuche: Hüte deine Seele – Fünf Sinne und ein Verhaltensgebot im Garten der Lüste von Hieronymus Bosch, Heidelberg: Art-Dok, 2017; Wenn Paradiestore sich in Luftschlösser verwandeln. Imagination und Vision im Garten der Lüste von Hieronymus Bosch, Heidelberg: Art-Dok, 2018.)

Document type: Article
Date: 2024
Version: Primary publication
Date Deposited: 12 Jan 2024 13:46
Faculties / Institutes: Research Project, Working Group > Individuals
DDC-classification: Arts
Painting
Controlled Keywords: Bosch, Hieronymus / Garten der Lüste, Sinne, Ikonologie, Geschichte 1450-1516
Subject (classification): Artists, Architects
Iconography
Painting
Countries/Regions: Benelux
Additional Information: Zugang zur englischen Version des Artikels siehe "Verwandte URLs"